Mangels kontrollierter Studiendaten sollte Natalizumab (TysabriTM) bei Schwangeren laut Fachinformation nur angewendet werden, wenn dies eindeutig erforderlich ist. Ein Absetzen ist zu erwägen - je nach individuellem Nutzen und Risiko. Registerdaten deuten jedoch darauf hin, dass es auch bei fortgesetzter Behandlung keine größeren Probleme gibt.

So hatten 376 Frauen aus dem TysabriTM-Pregnancy-Exposure-Register [Friend S et al. BMC Neurol. 2016;16(1):150], von denen drei Viertel die Behandlung im ersten Trimester beendeten, und ein Viertel sie durchgehend erhielten, nur in 9 % Fehlgeburten. "Das liegt im Rahmen der Spontanabortrate in der Allgemeinbevölkerung", betonte Prof. Dr. Til Menge, Neurologie und Neuropsychiatrie, LVR-Klinikum Düsseldorf. Im Deutschen MS- und Kinderwunsch-Register (DMSKW) ergab sich bei 101 mit Natalizumab behandelten Schwangeren keine erhöhte Fehlbildungsrate gegenüber unbehandelten MS-Patientinnen und Gesunden [Ebrahimi N et al. Mult Scler. 2015;21(2):198-205]. Das Präparat ist seit 2006 auf dem Markt, seit zwei Jahren auch für die subkutane Applikation.

Es reiche, den Anti-α4-Integrin-Antikörper erst bei positivem Schwangerschaftstest abzusetzen, so Menge. "Wenn man aber das Gefühl hat, dass damit die Krankheitsaktivität wieder in die Höhe schnellt, und die Patientin vorher auch behinderungsrelevante Schübe gehabt hat, kann in der sehr differenzierten Einzelfallentscheidung im Team entschieden werden, das Präparat weiter zu geben."

Meist verringert sich in der Schwangerschaft die Krankheitsaktivität, um danach wieder deutlich anzusteigen und schließlich das Ausgangsniveau zu erreichen. Eine pausierte Therapie ist postpartal rasch wieder aufzunehmen.

Stillen ist nicht erlaubt, auch wenn nur geringe Dosen in die Muttermilch gelangen, und in sehr kleinen Ein-Jahres-Studien keine negativen Auswirkungen auf die Kinder beobachtet wurden [Ciplea AI et al. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm. 2020;7(4):e723; Proschmann U et al. Front Immunol. 2021;12:715195]. Interimsdaten aus einer laufenden DMSKW-Studie [Friedmann N et al. EAN-Kongress 2022, EPR-257] deuten auf eine hinsichtlich Größe und Gewicht normale Entwicklung im ersten Lebensjahr. Allerdings haben in utero exponierte Neugeborene teils Anämien und Thrombopenien, die Blutwerte sind zu überwachen.

Virtuelle Fachpressekonferenz "Multiple Sklerose: Neue Daten zu Flexibilität und Patient*innenorientierung im neurologischen Behandlungsalltag mit TysabriTM subkutan. Düsseldorf, 24.2.23. Veranstalter: Biogen