Fragestellung: Kann die Behandlung einer arteriellen Hypertonie das Risiko einer Demenz reduzieren?

Hintergrund: Metaanalysen und Beobachtungsstudien deuten auf einen U-förmigen Zusammenhang zwischen dem Blutdruck (BP) und dem Auftreten einer Demenz im höheren Lebensalter hin. Randomisierte kontrollierte Studien zur Senkung des Blutdrucks zeigen aber uneinheitliche Ergebnisse bei Patienten mit Bluthochdruck bezüglich des Risikos, eine Demenz zu entwickeln.

Patienten und Methodik: Es wurde eine gepoolte Analyse der Daten einzelner Teilnehmer aus fünf randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studien durchgeführt, um die möglichen Auswirkungen einer blutdrucksenkenden Behandlung zur Vorbeugung einer Demenz zu analysieren (HYVET, Syst-Eur, PROGRESS, ADVANCE, SHEP). Zur Bewertung des Behandlungseffekts auf das Auftreten einer Demenz wurde eine mehrstufige logistische Regression berechnet. Berücksichtigt wurden Alter, systolischer Ausgangsblutdruck, Geschlecht und Vorliegen eines Schlaganfalls.

Ergebnisse: Die Gesamtstichprobe umfasste 28.008 Personen, die in 20 Ländern rekrutiert wurden. Die Studienteilnehmer waren im Mittel 69 Jahre alt und 47 % waren Frauen. Der Wert auf der Mini-Mental-State-Skala bei Studieneinschluss betrug 29. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 4,3 Jahren gab es 861 Fälle einer neu aufgetretenen Demenz (3,1 %). Die mehrstufige logistische Regression ergab eine bereinigte Odds Ratio von 0,87 (95 %-Konfidenzintervall 0,75-0,99) für eine Reduktion des Demenzrisikos durch eine blutdrucksenkende Behandlung. Die mittlere Blutdrucksenkung betrug 10/4 mmHg. Eine multinominale Regression unter Berücksichtigung der Sterblichkeit als konkurrierendes Risiko zeigte ähnliche Ergebnisse. Es gab keine Effektmodifikation durch Alter oder Geschlecht. Eine Mediationsanalyse bestätigte, dass eine stärkere Senkung des Blutdrucks in der aktiv behandelten Gruppe mit einer stärkeren Verringerung des Demenzrisikos verbunden war.

Schlussfolgerungen: Die Metaanalyse von individuellen Patientendaten aus randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten klinischen Studien liefert Belege für den Nutzen einer blutdrucksenkenden Behandlung in der späten Lebensmitte und im höheren Lebensalter bezüglich der Senkung des Demenzrisikos. Es bleiben die Fragen offen, inwieweit eine zusätzliche Senkung des Blutdrucks bei Menschen mit bereits gut eingestelltem Bluthochdruck möglich ist und ob eine früher im Lebensverlauf begonnene antihypertensive Behandlung das langfristige Demenzrisiko senken kann.

Peters R, Xu Y, Fitzgerald O et al. Blood pressure lowering and prevention of dementia: an individual patient data meta-analysis. Eur Heart J 2022; 43: 4980-90