Fragestellung: Profitieren Patienten mit Hirntumoren, die auf Basis molekularer und nicht histologischer Marker nach der neuen WHO-Klassifikation (5. Edition) nun auch als Glioblastom diagnostiziert werden, von Temozolomid zusätzlich zur Strahlentherapie?

Hintergrund: Der Nutzen einer Temozolomid- zusätzlich zu einer Strahlentherapie bei Patienten mit neu diagnostiziertem Glioblastom (WHO Grad 4) konnte in der EORTC-22981-Studie nachgewiesen werden. Auch bei WHO-Grad-3-Astrozytomen wurde der Nutzen von Temozolomid zusätzlich zur Strahlentherapie in einer Phase-III-Studie (CATNON) analysiert. Hier zeigte sich erwartungsgemäß ein Nutzen bei Tumoren mit Mutation im IDH-Gen. Die Neufassung der WHO-Klassifikation (5. Edition, 2021) ordnet diffuse IDH-Wildtyp-Gliome mit den molekularen Merkmalen: (1) TERT-Promoter-Mutation und/oder (2) +7/-10-Genotyp und/oder (3) Amplifikation des EGFR-Gens nun auch ohne die typischen histologischen Merkmale, also Nekrosen und Gefäßproliferate, als Glioblastom ein. Prospektive Analysen zum Nutzen von Temozolomid zusätzlich zur Strahlentherapie bei dieser Kohorte existieren bislang nicht.

Patienten und Methodik: In die Phase-III-Studie CATNON wurden Patienten mit anaplastischen Astrozytomen (entsprechend der nicht mehr gültigen 4. Edition der WHO-Klassifikation) zu Temozolomid konkomitant und/oder adjuvant zur Strahlentherapie randomisiert. In einer Post-hoc-Analyse der Studienkohorte wurden nun Tumore identifiziert, die nach der aktuellen WHO-Klassifikation (5. Edition) auf Basis molekularer Eigenschaften als Glioblastom eingeordnet werden.

Ergebnisse: Von 751 randomisierten Patienten erfüllten 159 die Kriterien eines Glioblastoms auf Basis molekularer Marker. Es zeigte sich kein zusätzlicher Nutzen von Temozolomid, weder auf das Gesamtüberleben (Hazard Ratio [HR] 1,19; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,82-1,71) noch auf das progressionsfreie Überleben [HR 0,87; 95 %-KI 0,61-1,24]. Dies war auch weiter erkennbar, nachdem für mögliche Störfaktoren inklusive des MGMT-(O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase-)Status korrigiert wurde. Bemerkenswerterweise war entsprechend die MGMT-Promotermethylierung nicht prädiktiv für einen Nutzen von Temozolomid, jedoch unabhängig von einer Temozolomidtherapie prognostisch günstig.

Schlussfolgerungen: Der fehlende Nutzen von Temozolomid zusätzlich zu einer Strahlentherapie auch unabhängig von einer MGMT-Promotermethylierung steht im Gegensatz zu den Ergebnissen von randomisierten klinischen Studien von Glioblastomen mit typischer Histologie und wirft wichtige Fragen auf. Die Hauptlimitationen der hier vorgestellten Analyse sind die kleine Patientenanzahl und das Post-hoc-Design.

Tesileanu CMS, Sanson M, Wick W et al. Temozolomide and radiotherapy versus radiotherapy alone in patients with glioblastoma, IDH-wildtype: post-hoc analysis of the EORTC randomized phase 3 CATNON trial. Clin Cancer Res 2022; Mar 11:clincanres.4283.2021