Fragestellung: Sollte die mechanische Thrombektomie durch eine Therapie mit Thrombozytenfunktionshemmern oder Antikoagulanzien ergänzt werden?

Hintergrund: Acetylsalicylsäure (ASS) und unfraktioniertes Heparin werden häufig bei der endovaskulären Schlaganfallbehandlung eingesetzt, um die Reperfusion zu verbessern und Rethrombosen zu verhindern. Die Wirksamkeit und die Blutungsrisiken von Antithrombotika für diese Indikation sind jedoch unbekannt.

Patienten und Methodik: Die MR-CLEAN-MED-Studie schloss Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall bei intrakraniellem Gefäßverschlusses im vorderen Kreislauf ein, bei denen die endovaskuläre Behandlung innerhalb von sechs Stunden nach Symptombeginn erfolgte. Die in Frage kommenden Patienten hatten einen Score von 2 oder mehr auf der Schlaganfallskala der National Institutes of Health (NIHSS) und keine intrakranielle Blutung in der Bildgebung. Sie erhielten periprozedural entweder intravenöses ASS (300 mg Bolus) oder kein ASS. In einer zweiten Randomisierung wurde eine moderate Dosis unfraktioniertes Heparin (5.000 IE Bolus, gefolgt von 1.250 IE/h für 6 h), niedrig dosiertes unfraktioniertes Heparin (5.000 IE Bolus, gefolgt von 500 IE/h für 6 h) oder kein unfraktioniertes Heparin gegeben. Der primäre Endpunkt war der Wert auf der modifizierten Rankin-Skala (mRS) nach 90 Tagen. Symptomatische intrakranielle Blutungen waren der wichtigste Sicherheitsendpunkt.

Ergebnisse: Ausgewertet wurden die Daten von 628 Patienten (mittleres Alter 73 Jahre, initialer NIHSS-Score 15). Bei 75 % der Patienten erfolgte neben der Thrombektomie auch eine intravenöse Thrombolyse. Bei 50 % lag ein Verschluss des proximalen Abschnitts der Arteria cerebri media vor. Im Mittel vergingen 144 Minuten vom Beginn der Symptome bis zum Eintreffen im endovaskulären Zentrum. Die Studie wurde wegen Sicherheitsbedenken gestoppt. Das Risiko einer symptomatischen intrakraniellen Blutung war mit ASS höher als ohne ASS (14 % vs. 7 %) sowie mit und ohne Heparin (13 % vs. 7 %). Sowohl ASS als auch Heparin führten zu einer nicht signifikanten Verschiebung hin zu schlechteren mRS-Scores.

Schlussfolgerung: Die Gabe von ASS oder unfraktioniertem Heparin während einer Thrombektomie verbessert nicht das funktionelle Ergebnis und erhöht signifikant die Rate schwerer Blutungskomplikationen.

van der Steen W, van de Graaf RA, Chalos V et al. Safety and efficacy of aspirin, unfractionated heparin, both, or neither during endovascular stroke treatment (MR CLEAN-MED): an open-label, multicentre, randomised controlled trial. Lancet 2022; 399: 1059-69