Eine Multiple Sklerose geht in etwas mehr als einem Prozent der Fälle mit einer Uveitis einher. Eine ophthamologische Untersuchung und gegebenenfalls Mitbehandlung ist ohnehin bei allen MS-Betroffenen mit Visusminderung ratsam.

Als Uveitis wird eine Entzündung der mittleren Augenhaut (Uvea) bezeichnet, die die Aderhaut (Choroidea), den Ziliarkörper und die Iris einschließt. Die Entzündung kann zusätzlich den Glaskörper betreffen. Eine Uveitis kann im Zuge unterschiedlicher Erkrankungen auftreten, die mit einer systemischen Entzündungsreaktion einhergehen. Dazu zählen neben Infektionskrankheiten wie der Lyme-Borreliose, Lues oder Infektionen mit Viren der Herpesgruppe unter anderem auch rheumatische Erkrankungen und die Multiple Sklerose (MS). Charakteristisch für die Erkrankung sind laut Prof. Dr. Uwe Pleyer, Augenheilkunde, Charité, Universitätsmedizin Berlin, die häufig bilateralen und rezidivierenden, meist moderaten Visusminderungen bei äußerlich reizfreiem Auge. Bei Glaskörperbefall zeigt die Ophthalmoskopie die typischen Trübungen (Floater), die Schneebällen (Snowballs) oder Schneeverwehungen (Snowbanks) ähneln. Bei Beteiligung der Retina kann die Erkrankung bis zur Erblindung führen. "Deswegen ist es wichtig, eine Uveitis frühzeitig zu erkennen und zu behandeln," betonte Pleyer. Eine neu diagnostizierte Uveitis, die von erstmals auftretenden neurologischen Symptomen begleitet sei, erfordere eine neurologische Abklärung einschließlich kranieller MRT zum Ausschluss präklinischer MS-Läsionen. Das sei besonders wichtig, wenn eine Behandlung der Uveitis mit einem Anti-TNFα-Wirkstoff in Betracht gezogen werde, da diese Medikamente die Progression einer bestehenden MS auslösen könnten. Bereits ein radiologisch isoliertes Syndrom gelte als Kontraindikation. Bei Uveitiserkrankten, die bereits eine Anti-TNFα-Behandlung erhalten, solle diese im Fall einer im Verlauf auftretenden MS abgesetzt werden.

Laut Prof. Dr. Manuel Friese, Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose, Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, ist eine ophthamologische Untersuchung bei MS mit begleitenden Visusminderungen auch wichtig, um Optikusneuritis, Uveitis und ophthamologische Nebenwirkungen der MS-Therapie voneinander abzugrenzen. Bei MS mit begleitender Uveitis sollen Friese zufolge im Fall einer Progression bevorzugt Therapien mit einem potenziellen Doppelnutzen eingesetzt werden. Friese empfiehlt dann Anti-CD20-Antikörper, also Ocrelizumab oder Rituximab. Auch bei folgenden Medikamenten gebe es zumindest Hinweise darauf, dass sie sich günstig auf den Verlauf sowohl der MS als auch der Uveitis auswirken könnten: Beta-Interferon, Glatirameracetat, Dimethylfumarat, Mycophenolat, Azathioprin und Alemtuzumab. In noch einem Punkt waren sich beide Experten einig: Bei MS-Betroffenen mit Uveitits sollten regelmäßige opthalmologische Kontrollen sowie eine interdisziplinäre Abstimmung der Therapie erfolgen.

Sitzung "Neuroimmunologische Krankheitsbilder im Spiegel der Nachbardisziplinen", 6.11.2021, 94. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, virtuell auf www.dgnvirtualmeeting.org