Dexamfetamin ist bei Kindern und Jugendlichen zur Behandlung der ADHS indiziert und in Deutschland seit Dezember 2011 nach einem nicht erfolgreichen Behandlungsversuch mit Methylphenidat (MPH) im Rahmen der Drittlinie sowie seit November 2014 auch der Zweitlinie zugelassen. In einer aktuellen nicht-interventionellen Studie (NIS) wurde das Psychostimulans nun auch unter Praxisbedingungen als effektive und gut verträgliche Option zur Langzeittherapie bestätigt.

Als sympathomimetisches Amin mit zentralstimulierender Wirkung moduliert Dexamfetamin (Attentin®) die Verfügbarkeit von monoaminergen Neurotransmittern wie Dopamin und Noradrenalin an Synapsen im ZNS und bessert damit hocheffektiv die Symptomatik einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Eingesetzt wird es im Rahmen einer Gesamtstrategie zusammen mit psychologischen, pädagogischen und sozialen Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS, wenn sie nicht ausreichend auf eine vorangegangene Behandlung mit MPH angesprochen oder diese nicht vertragen haben.

In der multizentrischen, prospektiven, beobachtenden NIS ATTENTION wurden insgesamt 140 überwiegend männliche Patienten im Durchschnittsalter von 11,2 Jahren (6-17 Jahre) aus Deutschland, Dänemark, Norwegen und Schweden von Juni 2016 bis April 2019 in 40 teilnehmenden, auf Verhaltensstörungen im Kindes- und Jugendalter spezialisierten Zentren mit Dexamfetamin behandelt [Uebel-von Sandersleben H et al., Scand J Child Adolesc Psychiatr Psychol 2021, 9: 73-86], berichtete Dr. Henrik Uebel-von Sandersleben, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Universitätsmedizin Göttingen. Wegen unzureichender (79,1 %) oder zu kurzer (34 %) Wirksamkeit von MPH, schlechter Verträglichkeit (18 %) oder anderen Gründen (11,5 %) waren sie auf Dexamfetamin (DEX) umgestellt worden. Bei einer mittleren initialen Dosis von 7,2 ± 5,9 mg/d und einer mittleren optimalen Dosis von 15,1 ± 9,2 (Kinder: 13,9 ± 7,8 mg/d, Jugendliche 16,8 ± 10,7 mg/d) verminderte sich unter DEX der mittlere Gesamt-Score ADHD-RS-IV (ADHD rating Scale IV) von 27,1 ± 11,7 von Baseline (V1) auf 13,4 ± 9,1 beim 1. Follow up (V2) nach 6 Monaten. Der mittlere Rückgang des Gesamt-Scores der ADHD-RS-IV war mit -11,9 statistisch signifikant (95%-KI: -140 bis -9,7; p < 0,001), so der Experte. Die Wirkung setzte gemäß Einschätzung der Patienten im Mittel 36,2 Minuten nach der Einnahme von Dexamfetamin ein und hielt über 6,5 Stunden an. Die Therapie wurde insgesamt bei meist milden oder moderaten unerwünschten Wirkungen gut vertragen. Als häufigste UAW wurde über verminderten Appetit (n = 7; 5,0 %) und depressive Stimmung (n = 3; 2,2 %) berichtet.

Symposium "Update ADHS - Aktuelles aus Wissenschaft und Forschung", 5.5.2021; Veranstalter: Medice