Fragestellung: Ist der Glycin-Transporter-1-(GlyT1-)Inhibitor BI 425809 effektiv für die Behandlung von kognitiven Defiziten bei Menschen mit einer Schizophrenie?

Hintergrund: Kognitive Defizite sind neben Positivsymptomen und Negativsymptomen ein Kern der Psychopathologie der Schizophrenie. Diese sind ein wesentlicher Prädiktor für einen chronischen Erkrankungsverlauf, langfristige Behinderung und sozialen Ausschluss. Es mangelt an pharmakologischen Behandlungsoptionen für diese Symptomatik. Aus neurobiologischer Sicht stellt eine Modulation glutamaterger Funktionen eine mögliche Therapieoption für diese belastenden Symptome dar. Ein früherer GlyT1-Inhibitor, Bitopertin, konnte dieser Erwartungen nicht erfüllen. In der aktuellen Studie wird ein stärker wirksamer und selektiver GlyT1-Inhibitor in Bezug auf den Endpunkt Kognition bei Patienten mit einer Schizophrenie untersucht.

Patienten und Methodik: Es handelt sich eine randomisierte und placebokontrollierte Phase-II-Studie mit einem Paralellgruppen-Design, welche an 81 Zentren weltweit durchgeführt worden ist. Darin wurden Menschen im Alter von 18 bis 50 Jahren mit einer DSM-V-Diagnose einer Schizophrenie und stabiler antipsychotischer Medikation in einem 1 : 1 : 1 : 1 : 2-Schema zu einer Add-on-Behandlung mit dem GlyT1-Inhibitor B1425809 in verschiedenen Dosierungen (2 mg, 5 mg, 10 mg, 25 mg) oder zu Placebo randomisiert zugeteilt. Die Studienmedikation wurde einmal pro Tag für eine Dauer von zwölf Wochen verabreicht und nach Ende der Behandlung erfolgte ein vierwöchiger Follow-up.

Der primäre Studienendpunkt war die Veränderung der kognitiven Leistungsfähigkeit, die standardisiert mit dem etablierten Verfahren MCCB (MATRICS Consensus Cognitive Battery) erfasst wurde. Sekundäre Endpunkte umfassten weitere kognitive Tests, die üblichen Skalen für Psychopathologie und Funktionsniveau sowie die Registrierung von Nebenwirkungen.

Ergebnisse: Es wurden insgesamt 684 Patienten gescreent und 509 wurden zwischen April 2018 und Oktober 2019 randomisiert. Die 509 randomisierten Patienten erhielten mindestens einmal die Studienmedikation und 444 (87 %) beendeten die geplante zwölfwöchige Studiendauer. Generell war die Intervention mit dem GlyT1-Inhibitor effektiv in der Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit, wobei dies vor allem für die Dosierungen 10 mg und 25 mg statistisch herausgearbeitet werden konnte.

Nebenwirkungen umfassten Kopfschmerzen, Schläfrigkeit und gastrointestinale Beschwerden. Es konnte für die Nebenwirkungen kein klarer Dosiseffekt beobachtet werden und die Verteilung der Nebenwirkungen war zwischen den Interventionsgruppen vergleichbar.

Schlussfolgerungen: Diese frühe Phase-II-Studie zeigt, dass die Add-on-Behandlung mit dem GlyT1-Inhibitor BI 425809 bei guter Verträglichkeit kognitive Symptome bei Menschen mit einer Schizophrenie verbessern kann. Sollte sich dieser Effekt in der Phase-III-Studie bestätigen, könnte eine neue Behandlungsoption zur Verfügung stehen.

Fleischhacker WW, Podhorna J, Gröschl M et al. Efficacy and safety of the novel glycine transporter inhibitor BI 425809 once daily in patients with schizophrenia: a double-blind, randomised, placebo-controlled phase 2 study. Lancet Psychiatry 2021; 8: 191-201