Fragestellung: Wie hoch ist die gepoolte globale Prävalenz der Gaming Disorder und welche Faktoren sind mit der Variabilität von internationalen Prävalenzschätzungen assoziiert?

Hintergrund: Nach Aufnahme der Gaming Disorder in die ICD-11 ist es von großem Interesse, die globale Prävalenz der Störung zu untersuchen, um Einsicht in ätiologische Aspekte und Risikofaktoren sowie eine Basis für gesundheitspolitische und forschungsbezogene Entscheidungen zu erhalten. Die weltweit bisher berichteten Prävalenzen der Gaming Disorder sind heterogen und teilweise überraschend hoch. Daher sollte überprüft werden, ob diese Schätzungen durch Faktoren wie demografische und kulturelle Eigenschaften der Stichprobe oder methodologische Aspekte der Studienplanung verzerrt sein könnten.

Patienten und Methodik: Im Rahmen der Metaanalyse wurden 53 Studien (n = 226.247) aus 17 Ländern eingeschlossen, die zwischen 2009 und 2019 publiziert worden waren. Die Studien mussten peer-reviewed und in englischer Sprache erschienen sein, problematisches Spielverhalten oder die Gaming Disorder mithilfe eines entsprechenden Screening-Instruments erfasst und Prävalenzraten für die Gaming Disorder berichtet haben. Die interessierenden Variablen der Metaanalyse umfassten Anzahl, Alter und Geschlecht der Probanden, Ort und Jahr der Datenerhebung sowie Informationen über das verwendete Screening-Instrument und Cut-off-Werte. Neben der Bestimmung einer gepoolten globalen Prävalenz erfolgten Subgruppen- und Moderatoranalysen, um mögliche Quellen der Heterogenität der Prävalenzen zu identifizieren. Subgruppenanalysen wurden für die verschiedenen Arten von Stichproben (repräsentativ, Gelegenheitsstichprobe, selektiv männlich, selektiv Spieler) und verwendeten Screening-Instrumente sowie für die unterschiedlichen Orte und Jahre der Datenerhebung durchgeführt. Potenzielle Moderatoren waren Alter, Cut-off-Wert des Screening-Instruments und die Stichprobengröße.

Ergebnisse: Die weltweite gepoolte Prävalenz der Gaming Disorder lag über alle Studien hinweg bei 3,05 % (95 %-Konfidenzintervall [KI] 2,38-3,91). Die Autoren stellten eine signifikante Heterogenität zwischen den verschiedenen Schätzungen fest. So zeigten die Subgruppenanalysen, dass das verwendete Screening-Instrument 77,79 % der Varianz in den Schätzungen erklären konnte. Auch Ort (12,33 %) und Jahr (16,53 %) der Datenerhebung sowie die Art der Stichprobe (9,93 %) trugen signifikant zur Varianzaufklärung bei. So lagen die Prävalenzen in Asien signifikant über den europäischen Schätzungen. Repräsentative Stichproben gingen mit den niedrigsten Prävalenzschätzungen einher, während für selektive männliche Stichproben die höchsten Prävalenzen berichtet wurden. Auf Basis dieser Analysen kann die ursprüngliche Prävalenzschätzung auf 1,96 % (95 %-KI 0,19-17,12) korrigiert werden, wenn nur die Studien berücksichtigt wurden, die repräsentative Stichproben untersucht hatten. Jüngere Stichproben, niedrigere Cut-Off-Werte des Screening-Instruments und kleinere Stichproben waren signifikante Prädiktoren einer höheren Prävalenz. Zudem ergaben sich für Männer signifikant höhere Prävalenzschätzungen als für Frauen mit einem Verhältnis von etwa 2,5 zu 1.

Schlussfolgerungen: Die weltweite Prävalenz der Gaming Disorder liegt in dieser Untersuchung bei 3,05 %. Allerdings scheint diese Schätzung durch methodologische Faktoren, insbesondere das verwendete Screening-Instrument und dessen Cut-off-Wert, sowie Stichprobeneigenschaften (jugendliche Stichproben, männliche Probanden) überschätzt zu werden.

Stevens MW, Dorstyn D, Delfabbro PH, King DL. Global prevalence of gaming disorder: A systematic review and meta-analysis. Aust N Z J Psychiatry 2021; 55: 553-68