Fragestellung: Wie genau sind Biomarker für Alkoholkonsum bei Patienten mit Lebererkrankungen?

Hintergrund: Alkoholbedingte Lebererkrankungen gehören zu den häufigsten Ursachen von Leberzirrhose und sind Hauptgründe für Lebertransplantationen. Objektive Biomarker für zurückliegenden Alkoholkonsum können daher die Behandlung von Patienten mit Lebererkrankungen unterstützen. Bei fehlender Abstinenz können beispielsweise psychosoziale Interventionen angeboten und intensiviert werden. Selbstberichtete Alkoholtrinkmengen von Patienten mit Lebererkrankungen sind aus Sorge vor Stigmatisierung und/oder verzögertem Zugang zu einer Transplantation wenig zuverlässig. Daher werden objektive Biomarker zur Bestimmung von Alkoholkonsum benötigt.

Die indirekten Marker wie das MCV (mean corpuscular volume) und die Leberenzyme sind bei Patienten mit Lebererkrankungen eingeschränkt verlässlich. Auch die Bestimmung von CDT (Carbohydrate-Deficient-Transferrin) wird bei dieser Patientengruppe kontrovers diskutiert. In den letzten beiden Jahrzehnten rückten vermehrt direkte Alkoholmarker wie Ethylglucuronid (EtG) im Urin und in den Haaren, Ethylsulfat (EtS) im Urin und Phosphatidylethanol (PEth) im Vollblut in den Fokus der Forschung.

In der vorliegenden Arbeit erfolgte eine systematische Literaturrecherche inklusive Qualitätserhebung, um zu untersuchen, inwieweit sich die Biomarker zur Erfassung von Alkoholkonsum bei Patienten mit Lebererkrankungen eignen.

Patienten und Methodik: Die Autoren führten eine systematische Literaturrecherche durch. Von 6.449 identifizierten Studien erfüllten zwölf die Einschlusskriterien.

Ergebnisse: Zur Erfassung kürzer zurückliegenden Alkoholkonsums zeigten EtG (4 Studien) und EtS (1 Studie) im Urin Sensitivitäten von 70-89 % und 73-82 % sowie Spezifitäten von 93-99 % und 86-89 %. Als Biomarker für exzessiven Alkoholkonsum über einen mittleren Zeitraum, also die zurückliegenden Wochen, lieferte CDT im Blut (7 Studien) teils niedrige Sensitivitäten von 40-79 % und Spezifitäten von 57-99 %. Es ergaben sich Hinweise darauf, dass die Genauigkeit von CDT im Blut bei Lebererkrankungen reduziert ist. PEth im Vollblut (2 Studien) zeigte Sensitivitäten von 73-100 % und Spezifitäten von 90-96 % zur Detektion jeglichen Alkoholkonsums in den Vorwochen. Zur Erfassung von exzessivem Alkoholkonsum über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten zeigte EtG in den Haaren (4 Studien) hohe Sensitivitäten von 85-100 % sowie hohe Spezifitäten von 97-100 %. EtG in Haaren scheint jedoch nicht ausreichend gut zwischen Abstinenz und leichtem Alkoholkonsum zu trennen.

Schlussfolgerungen: Die Messungen von EtG im Urin und in den Haaren ergänzen sich bezüglich des Zeitfensters und werden bereits an einigen Standorten in der klinischen Versorgung durchgeführt. Das scheinbar hohe Potenzial von PEth muss in weiteren Studien validiert werden.

Arnts J, Vanlerberghe BTK, Roozen S et al. Diagnostic accuracy of biomarkers of alcohol use in patients with liver disease: A systematic review. Alcohol Clin Exp Res 2021; 45: 25-37