Fragestellung: Wie wirkt sich die COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit aus und welche Risikofaktoren für erhöhte psychische Belastungen gibt es?

Hintergrund: Die COVID-19-bedingten Einschränkungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und Alltags sowie die Angst vor Ansteckung und schwerem Krankheitsverlauf beeinträchtigen erheblich die öffentliche psychische Gesundheit. Studien zeigten erhöhte psychische Belastungen in der Allgemeinbevölkerung, bei psychisch Erkrankten und bei Gesundheitspersonal.

Patienten und Methodik: Im Rahmen einer systematischen Literaturrecherche wurden die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit erfasst und Risikofaktoren für erhöhte psychische Belastungen identifiziert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 19 geeignete Studien eingeschlossen, mit Stichprobengrößen zwischen 263 und 52.730 Probanden, insgesamt 93.569 Probanden (meist > 18 Jahre, 64,1 % Frauen). Die Studien unterlagen einem Querschnittdesign, waren bevölkerungsrepräsentativ und wurden in acht verschiedenen Ländern durchgeführt (China: n = 10, Spanien: n = 2, Italien: n = 2, Iran: n = 1, USA: n = 1, Türkei: n = 1, Nepal n = 1 und Dänemark n = 1). Studienübergreifend wurde eine relativ hohe Prävalenz von ängstlichen (6,3-50,9 %), depressiven (14,6-48,3 %), posttraumatischen (7,0-53,8 %) und unspezifischen psychischen Belastungs- (34,4-38 %) sowie allgemeinen Stresssymptomen (8,1-81,9 %) beobachtet (ermittelt durch validierte und standardisierte Fragebögen). Risikofaktoren für erhöhte psychische Belastungen umfassten weibliches Geschlecht, Alter ≤ 40 Jahre, chronische/psychiatrische Erkrankungen, Arbeitslosigkeit, Studentenstatus und erhöhter Konsum von sozialen Medien/Nachrichten bezüglich COVID-19. Zudem konnten einige Studien Schutzfaktoren hinsichtlich der psychischen Belastung in der Allgemeinbevölkerung identifizieren, wie die Vermittlung von akkuraten Informationen zu COVID-19, das Einhalten von Schutzmaßnahmen wie Mund-Nasen-Schutz und häufiges Händewaschen, soziale Unterstützung, Integration von Ruhephasen sowie bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, etwa ein positiver Bewältigungsstil oder ein sicherer und vermeidender Bindungsstil. Die Qualität der Studien wurde insgesamt als moderat eingestuft.

Schlussfolgerungen: Die COVID-19-Pandemie ist mit teilweise klinisch relevanten psychischen Belastungen in der Allgemeinbevölkerung assoziiert.

Xiong J, Lipsitz O, Nasri F et al. Impact of COVID-19 pandemic on mental health in the general population: A systematic review. J Affect Disord 2020; 277: 55-64