Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Medienberichten zum Thema Selbstmord, insbesondere von Prominenten, und nachfolgenden Suiziden in der Allgemeinbevölkerung?

Hintergrund: Viele epidemiologische Längsschnittstudien zur Suizidrate weisen auf einen Zusammenhang von Medienberichten über Suizide und einem nachfolgenden Anstieg der Suizidraten hin. Eine qualitativ hochwertige systematische Übersichtsarbeit mit Metaanalyse zu dem Thema fehlte allerdings bisher.

Patienten und Methodik: In diese Auswertung wurden sämtliche Studien mit einer Erfassung der Suizidraten vor und nach einem breit publizierten Suizid eingeschlossen. Die Erhöhung der Suizidrate sowie eine Veränderung der Suizidmethoden nach dem Medienbericht wurden metaanalytisch gepoolt.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 31 Studien zum Thema Medienberichte über Suizide und Häufigkeit nachfolgender Suizide in die Analyse eingeschlossen. Nach Berichten über Suizide von Prominenten stieg die Suizidrate in den nächsten ein bis zwei Monaten um 8-18 %. Waren Informationen über die Suizidmethode publiziert worden, wurde diese Methode in den folgenden Wochen 18-44 % häufiger benutzt. Eine Veränderung der Suizidrate oder -methoden im Anschluss an Berichte über Suizide von Personen, die nicht im öffentlichen Leben standen, ließ sich nicht konsistent nachweisen.

Schlussfolgerungen: Die Autoren sehen damit den Werther-Effekt, insbesondere im Nachgang der Berichterstattung über Suizide von Prominenten, vor allem von Schauspielern, als gut belegt an. Verschiedene, auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entworfene Grundzüge in der Berichterstattung über Suizide sollten zwingend befolgt werden.

Niederkrotenthaler T, Braun M, Pirkis J et al. Association between suicide reporting in the media and suicide: systematic review and meta-analysis. BMJ 2020; 368: m575