Fragestellung: Um Ärzte bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen, wurden mithilfe eines Delphi-Konsensusprozesses klinisch relevante Impfempfehlungen bei Multipler Sklerose (MS) entwickelt.

Hintergrund: Patienten mit MS haben ein erhöhtes Infektionsrisiko. Impfungen können diese Risiken mindern, dies jedoch nur, wenn sie bei MS-Patienten, einschließlich jener Patienten, die krankheitsmodifizierende Medikamente einnehmen, sicher und wirksam sind.

Patienten und Methodik: Ein modifizierter Delphi-Konsensprozess wurde von Oktober 2017 bis Juni 2018 durchgeführt, um klinisch relevante Empfehlungen für Impfentscheidungen bei MS-Patienten zu entwickeln. Eine Reihe von Aussagen und Empfehlungen zur Wirksamkeit, Sicherheit und zum Zeitpunkt der Impfung bei Patienten mit MS wurden im April 2018 von einer Expertengruppe auf Grundlage der im Oktober 2017 verfügbaren Literatur erstellt.

Ergebnisse: Zu den Empfehlungen gehört die Notwendigkeit einer "Karte für Infektionskrankheiten", in welcher die individuelle Infektions- und Impfanamnese jedes Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose zusammengetragen ist, um latente Infektionen auszuschließen beziehungsweise schlussendlich zu behandeln. Die Autoren empfehlen die Durchführung der lokal empfohlenen Impfungen, wenn möglich zum Zeitpunkt der MS-Diagnose, ansonsten zu einem an die aktuelle oder geplante MS-Behandlung angepassten Impfzeitpunkt. Darüber hinaus wird die jährliche Impfung gegen die saisonale Influenza unabhängig von der bestehenden MS-Therapie empfohlen.

Schlussfolgerungen: Patienten mit MS sollten unter sorgfältiger Abwägung von Risiken und Nutzen geimpft werden. Es besteht jedoch ein dringender Bedarf an mehr Forschung zu Impfungen bei MS-Patienten, um evidenzbasierte Entscheidungen treffen zu können.

Riva A, Barcella V, Benatti SV et al. Vaccinations in patients with multiple sclerosis: A Delphi consensus statement. Mult Scler 2020; doi: 10.1177/1352458520952310