Fragestellung: Beeinflussen Vitamin D, Rauchen und Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) langfristig die kognitive Leistungsfähigkeit bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS)?

Hintergrund: Der Einfluss von Vitamin D, vaskulären Risikofaktoren wie Rauchen für den Verlauf der MS aber auch Infektionen mit spezifischen Erregern wie EBV als Risikofaktor zur Entwicklung einer MS, sind inzwischen gut belegt, auch wenn die Zusammenhänge im Detail oft noch unzureichend geklärt sind. Weniger gut untersucht ist der Einfluss dieser Faktoren auf den Langzeitverlauf der kognitiven Leistungsfähigkeit bei MS-Patienten. Die BENEFIT-Studie untersuchte den Erkrankungsverlauf bei Patienten mit klinisch isoliertem Syndrom (CIS) unter einer Interferontherapie oder Placebo. Nach Abschluss der placebokontrollierten Phase wurden die Patienten für einen Zeitraum von bis zu zwölf Jahren weiteruntersucht. In dieser Arbeit werden die Ergebnisse zur kognitiven Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die Vitamin-D-Spiegel, Rauchen, EBV-Infektionen und der Neurofilament-Leichtketten-(NfL-)Spiegel über einen Zeitraum von elf Jahren untersucht.

Patienten und Methodik: Die Studie schloss 278 CIS-Patienten ein, die an der BENEFIT-Studie teilnahmen und die erforderlichen Follow-up-Untersuchungen prospektiv über elf Jahre absolviert hatten. Zur Verifikation der Einfluss- und Risikofaktoren wurden im Serum der Vitamin-D-Spiegel, Cotinin (ein Nikotinmetabolit) und das EBV-Kern-Antigen 1 (EBNA-1) bei Studienbeginn und in den Monaten 6, 12 und 24 gemessen. Gleichzeitig wurde der PASAT-3 (Paced Auditory Serial Addition Test) sowie die NfL-Konzentration in Jahr 11 erhoben.

Ergebnisse: Hohe Vitamin-D-Spiegel erwiesen sich als prädiktiv für eine bessere, Rauchen wiederum für eine schlechtere kognitive Leistungsfähigkeit nach elf Jahren. Die PASAT-Werte waren bei Rauchern und insbesondere bei starken Rauchern signifikant häufiger mit einer schlechteren kognitiven Performance assoziiert. Der Nachweis einer EBV-Infektion bei Studienbeginn war dagegen nicht prädiktiv für eine schlechtere kognitive Leistung.

Interessanterweise hatten Patienten mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel (> 50 nmol/l) in den ersten zwei Jahren einen durchschnittlich um 20 % niedrigeren NfL-Spiegel. Raucher hatten dagegen einen circa 20 % höheren NfL-Spiegel als Nichtraucher. Anti-EBNA-1-Antikörper waren nicht mit erhöhten NfL-Werten assoziiert.

Schlussfolgerung: Niedrige Vitamin-D-Spiegel und Rauchen tragen über Jahre hinweg signifikant zu einer Einbuße der kognitiven Leistungsfähigkeit bei MS-Patienten bei.

Cortese M, Munger KL, Martinez-Lapiscina EH et al. Vitamin D, smoking, EBV and long-term cognitive performance in MS: Neurology 2020; 94: e1950-60