Fragestellung: Wie effektiv und sicher sind verschiedene Arten von medizinischen Cannabinoiden in der Behandlung von Symptomen verschiedener psychischer Erkrankungen?

Hintergrund: Bisherige Übersichtsarbeiten waren durch die Zahl der eingeschlossenen Studien sowie die Spannbreite der einbezogenen psychischen Erkrankungen und eingesetzten Cannabinoide limitiert, sodass sich die vorliegende Arbeit zum Ziel setzte, möglichst alle Cannabinoide, die in der Behandlung eines möglichst umfangreichen Spektrums psychischer Störungen eingesetzt werden, abzubilden.

Patienten und Methodik: In diesem systematischen Review und einer Metaanalyse wurden zwischen dem 1. Januar 1980 und dem 30. April 2018 publizierte und in MEDLINE, Embase, PsycINFO, dem Cochrane Central Register of Controlled Clinical Trials (CENTRAL) oder dem Cochrane Database of Systematic Reviews aufgeführte Arbeiten eingeschlossen. Die Studienteilnehmer litten an mindestens einem der nachfolgend aufgezählten Krankheitsbilder: Depression, Angststörung, posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder Tourette-Syndrom. Die therapeutisch eingesetzen Präparate waren Tetrahydrocannabinol (THC), Cannabidiol (CBD), Kombinationen von THC und CBD, Cannabis sativa und andere Cannabinoide, unter anderem Cannabidivarin, Dronabinol und Nabilon. Als primäre Studienergebnisse waren die Remission beziehungsweise Änderung der Symptomatik festgelegt. Darüber hinaus wurde die Sicherheit der eingesetzen Cannabinoide für die festgelegten psychischen Erkrankungen evaluiert.

Ergebnisse: In die Analyse wurden 83 Studien einbezogen. Davon betrafen 42 Studien depressive Störungen, 31 Angsterkrankungen, zwölf PTBS, elf Psychosen, acht Tourette-Syndrom und drei ADHS. Sieben Studien zeigten, dass pharmazeutisches THC Angstsymptome im Rahmen anderer Primärerkrankungen vermindern kann und in einer, dass sich Negativsymptome einer Psychose verschlechtern können. Zudem konnte kein signifikanter Effekt auf die primären Ergebnisse sämtlicher untersuchter psychischer Krankheitsbilder gezeigt werden. Gleichzeitig erhöhte pharmazeutisches THC die Zahl von unerwünschten Ereignissen und Studienabbrüchen im Vergleich zu einem Placebo.

Schlussfolgerungen: Es gibt derzeit keine Hinweise, die eine positive Beeinflussung der Symptomatik von Depressionen, PTBS, ADHS oder Tourette-Syndrom durch Cannabinoide nahelegen. Auf Grundlage dieser Daten kann derzeit keine Empfehlung zum therapeutischen Gebrauch von Cannabinoiden bei psychischen Erkrankungen ausgesprochen werden.

Black N, Stockings E, Campbell G et al. Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis. Lancet Psychiatry 2019; 6: 995-1010