Fragestellung: Kann anhand der Messung von Amyloid-β42/40 im Blutplasma die aktuelle und zukünftige zerebrale Amyloidablagerung quantifiziert werden?

Hintergrund: Die Ablagerung von β-Amyloid (Aβ) wird als einer der wichtigsten pathophysiologischen Mechanismen der Alzheimer-Erkrankung angesehen. Ein wichtiges Merkmal ist dabei die extrazelluläre Ablagerung von Plaques, die unter anderem aus Aβ-Peptiden mit einer Länge von 42 und 40 Aminosäuren bestehen. In der Routinediagnostik des Morbus Alzheimer hat sich inzwischen die Bestimmung verschiedener Abbauparameter im Liquor etabliert. So zeigt die Erkrankung typischerweise eine deutliche Erhöhung von Tau- und Phospho-Tau-Protein sowie eine Erniedrigung von Aβ42. Diese Veränderungen können teilweise bereits vor dem Auftreten messbarer kognitiver Defizite beobachtet werden. In den letzten Jahren hat sich ferner das Amyloid-PET als aussagekräftiges diagnostisches Instrument etabliert, es wird jedoch aufgrund der hohen Kosten seltener genutzt. Jüngste Studien zeigten, dass eine frühe, gegen die Aβ-Aggregation gerichtete Therapie die Erkrankungsprogression deutlich verlangsamen kann. Die gleiche Therapie scheint jedoch bei einem späteren Einsatz nicht mehr zu wirken. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Therapie des Morbus Alzheimer scheint in der möglichst frühen Diagnose und Therapie zu liegen. Eine Blutuntersuchung, die repräsentativ den Grad der Amyloidablagerung im Gehirn widerspiegelt, könnte einen extrem wertvollen Beitrag zur frühestmöglichen Therapie leisten.

Patienten und Methodik: Die Teilnehmer wurden aus einem Kollektiv von Personen rekrutiert, die an langfristigen Studien der Gedächtnisfunktion und des Alterns der Washington University teilnahmen. Allen wurde innerhalb von 18 Monaten vor oder nach Durchführung eines Amyloid-PET eine Blutprobe entnommen. Eine Subgruppe erhielt über einige Jahre mehrere PET-Messungen. Die Teilnehmer waren 46-87 Jahre alt und hatten verschiedene Diagnosen. Eingeschlossen wurden auch kognitiv normale Probanden. Die Patienten wurden bei Einschluss standardisiert klinisch untersucht, neuropsychologisch getestet und lumbal punktiert, zur Bestimmung der einschlägigen Abbauparameter. Ferner wurde das genetische Amyloidprofil bestimmt. Drei Aβ-Isoformen (Aβ38, Aβ40 und Aβ42) wurden analysiert.

Ergebnisse: Die Ergebnisse von 158 Teilnehmern konnten ausgewertet werden. Plasma-Aβ42/Aβ40-Werte korrelierten hochsignifikant mit der Amyloidkonzentration im PET sowie der Phospho-Tau- und Aβ42-Konzentration im Liquor. Die Amyloidkonzentration im Plasma stieg parallel zur zerebralen Amyloidablagerung im PET. Patienten mit negativem Amyloid-PET, aber hoher Konzentration im Plasma, hatten ein 15-fach höheres Risiko als Patienten mit einem niedrigen Amyloidspiegel im Plasma, bis zur PET-Verlaufsuntersuchung konvertiert zu haben und Amyloidablagerungen aufzuweisen. Die Kombination von Amyloidspiegeln im Plasma und genetischem Amyloidprofil korrelierte signifikant mit hohen zerebralen Amyloidablagerungen.

Schlussfolgerung: Die Bestimmung von Aβ42/Aβ40 im Plasma, insbesondere in Kombination mit dem genetischen Amyloidprofil, scheint sehr spezifisch das Ausmaß der zerebralen Amyloidablagerung widerzuspiegeln.

Schindler SE, Bollinger JG, Ovod V et al. High precision plasma ß-amyloid 42/40 predicts current and future brain amyloidosis. Neurology 2019; 93: e1659