Fragestellung: Die arterielle Hypertonie ist ein Risikofaktor für die Entwicklung von Demenzen einschließlich der Alzheimer-Erkrankung. Können bestimmte Klassen von Antihypertensiva die Entwicklung einer Demenz besonders gut verhindern?

Hintergrund: Die arterielle Hypertonie ist nicht nur ein wichtiger Risikofaktor für kardio- und zerebrovaskuläre Erkrankungen, sondern auch für Demenz. Dies gilt nicht nur für die vaskuläre Demenz, sondern auch für degenerative Demenzen einschließlich der Alzheimer-Erkrankung. Es gibt einige Antihypertensiva, die zumindest im Tierexperiment neben einer rein blutdrucksenkenden Wirkung auch neuroprotektive Eigenschaften gezeigt haben. Daher wäre es wichtig zu wissen, ob es Antihypertensivaklassen gibt, die sich besonders gut zur Prophylaxe der Demenz eignen.

Patienten und Methodik: Es handelte sich um eine Metaanalyse der individuellen Teilnehmerdaten aus Beobachtungsstudien, die zwischen 1980 und Anfang 2019 durchgeführt wurden. Die Kohorten kamen für die Aufnahme in die Metaanalyse infrage, wenn sie prospektiv durchgeführt worden waren, populationsbezogen waren und mehr als 2.000 Teilnehmer hatten. Erfasst wurden die Diagnose einer Demenz in einem Zeitraum von mindestens fünf Jahren, der Blutdruck und der Einsatz von Antihypertensiva. Der Zusammenhang zwischen der Entwicklung oder Diagnose einer Demenz oder der Alzheimer-Krankheit wurde für fünf Klassen von Antihypertensiva untersucht (ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorblocker, Betablocker, Kalziumantagonisten, Diuretika). Die Patienten wurden in zwei Blutdruckklassen stratifiziert: systolischer Blutdruck ≥ 140 mmHg oder diastolischer Blutdruck ≥ 90 mm Hg und normaler Blutdruck (systolisch < 140 mmHg, und diastolisch < 90 mmHg).

Ergebnisse: Sechs prospektive Studien mit 31.090 demenzfreien Erwachsenen im Alter über 55 Jahren wurden ausgewertet. Der mediane Nachbeobachtungszeitraum der Kohorten betrug zwischen sieben und 22 Jahre. Es gab 3.728 neu diagnostizierte Fälle einer Demenz und 1.741 Fälle einer Alzheimer-Krankheit. In der Gruppe mit hohem Blutdruck (n = 15.537) hatten Personen, die ein Antihypertensivum erhielten, ein reduziertes Risiko für die Entwicklung einer Demenz (Hazard Ratio [HR]: 0,88; 95 %-Konfidenzintervall [KI]: 0,79-0,98; p = 0,019) und einer Alzheimer-Erkrankung (HR: 0,84; 95 %-KI: 0,73-0,97; p = 0,021) im Vergleich zu den Personen, die kein Antihypertensivum verwendeten. Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den fünf Medikamentenklassen hinsichtlich des Demenzrisikos. Bei Personen mit normalem Blutdruck (n = 15.553) fand sich kein Zusammenhang zwischen der Verwendung eines Antihypertensivums und der Entwicklung einer Demenz oder der Alzheimer-Krankheit.

Schlussfolgerungen: Eine Metaanalyse mit einem Beobachtungszeitraum von bis zu 22 Jahren ergab keine Hinweise darauf, dass spezifische Klassen von Antihypertensiva besonders effektiv sind, um das Risiko einer Demenz zu reduzieren. Allerdings sind wahrscheinlich alle Antihypertensiva in der Lage, durch ihre blutdrucksenkende Wirkung das Risiko für eine Demenz zu reduzieren.

Ding J, Davis-Plourde KL, Sedaghat S et al. Antihypertensive medications and risk for incident dementia and Alzheimer's disease: a meta-analysis of individual participant data from prospective cohort studies. Lancet Neurol 2020; 19: 61-70