Die Prognose beim Glioblastom (GB) ist immer noch schlecht, es kommt fast immer zum Rezidiv. Daher besteht großer Bedarf an neuen Behandlungsoptionen.„In den letzten Jahren machte die Therapie des GB nur langsam Fortschritte“, sagte Professor Matthias Preusser, Klinische Abteilung für Onkologie an der Medizinischen Universität Wien. So habe etwa der VEGF-Antikörper Bevacizumab in Studien enttäuscht: Nach einer Metaanalyse verbesserte er zwar das progressionsfreie Überleben, nicht aber das Gesamtüberleben (OS) der GB-Patienten. Preusser präsentierte fünf potenzielle Therapiestrategien für diesen aggressiven Hirntumor.

Neue Chemotherapie-Regime: Bei Patienten mit neu diagnostiziertem Glioblastom und MGMT(Methylguanin-DNA-Methyltransferase)-Promotor-Methylierung könnte Lomustin zusätzlich zur Standardtherapie eine Behandlungsoption sein. Demnächst werde die CeTeG/NOA-09-Phase-3-Studie publiziert: Unter Radiotherapie + Temozolomid (TMZ) betrug das mediane OS 31,4 Monate, unter dieser Therapie + Lomustin 48,1 Monate.

Checkpoint-Inhibitoren: Die Immun-Checkpoint-Blockade sei auch bei GB eine interessante Strategie, „leider bisher mit negativen Ergebnissen“, so Preusser. So wurde in der Phase-3-Studie CheckMate143 bei Patienten mit GB-Rezidiv Nivolumab versus Bevacizumab untersucht — der primäre Endpunkt, das verbesserte Gesamtüberleben, wurde nicht erreicht [Reardon DA. Neuro oncol 2017; 19(suppl_3):iii21(abstract OS10.3)]. Allerdings laufen derzeit noch weitere Studien mit Checkpoint-Inhibitoren.

Kleine Moleküle: Marizomib ist ein Beispiel für einen Proteasom-Inhibitor, der die Blut-Hirn-Schranke passieren kann. Preusser stellte eine laufende Phase-3-Studie bei Patienten mit primärem GB vor, in der die Substanz zusätzlich zur Standardtherapie (Bestrahlung und TMZ) untersucht wird [https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03345095].

Vakzine/virale Gentherapie: Mehrere Studien laufen mit verschiedenen Vakzinen. Ein interessantes Konzept sei Toca 511, ein retroviraler Vektor, der das Gen für die Cytosin-Deaminase enthält und in die Tumorresektionshöhle injiziert wird. Patienten erhalten oral Toca FC, das 5-Fluorocytosin enthält und die Blut-Hirn-Schranke passieren kann. Die Cytosin-Deaminase aktiviert das 5-Fluorocytosin des Toca 511 zu 5-Fluorouracil. Eine Phase-2/3-Studie läuft [https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02414165].

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate: Ein neues Therapieprinzip, das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Depatuxizumab-Mafodotin (Depatux-M, ABT-414) besteht aus dem Antikörper Depatuxizumab und dem Toxin Mafodotin (Monomethyl-Auristatin F), einem Tubulin-Inhibitor. Zielstruktur des Antikörpers ist die elongierte Form des EGF-Rezeptor (EGFR). Bei ca. 50 % der GBMs ist der EGF-Rezeptor amplifiziert, was zu dieser elongierten Form des Rezeptors führt und als Zielstruktur für Depatux-M dient, erklärte Professor Andrew B. Lassman, Neuro-Onkologie an der Columbia Universität New York/USA. Depatuxizumab führe das Toxin Mafodotin zum Ziel (Tumorzellen mit EGFR-Amplifikationen), das Konjugat binde an den EGF-Rezeptor, werde internalisiert und gebe dann das Toxin frei.

In der dreiarmigen Phase-2-Studie INTELLANCE-2 wurden 260 Patienten mit rezidiviertem GB (mit EGFR-Amplifikationen) mit Depatux-M in Kombination mit Temozolomid (TMZ) oder als Monotherapie behandelt. Im Kontrollarm wurden Lomustin oder TMZ in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Rezidiventstehung verwendet. In der primären Analyse fand sich kein signifikanter Unterschied. Die Daten nach dem medianen Follow-up von 24 Monaten zeigen nun einen Trend für einen Überlebensvorteil im rGB mit EGFR-Amplifikation für Deptux-M + TMZ im Vergleich zu TMZ/Lomustin alleine (HR: 0,66). Zurzeit laufe eine Phase-3-Studie, in der Patienten mit primären GB (mit EGFR-Amplifikation) nach Resektion entweder Radiotherapie, TMZ und Depatux-M oder Radiotherapie, TMZ und Placebo erhalten [https://clinicaltrials.gov/ct2/showNCT02573324].