Fragestellung: Unterscheiden sich bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern und stattgehabtem ischämischen Insult die Wirksamkeit und die Sicherheit der nicht Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien (NOAK) und des Vitamin-K-Antagonisten (VKA) Warfarin?

Hintergrund: Vorhofflimmern ist ein starker Risikofaktor für ischämische Schlaganfälle und spielt eine besonders wichtige Rolle bei Patienten die bereits eine transitorische ischämische Attacke (TIA) oder einen ischämischen Insult erlitten haben. Vier große randomisierte Studien zeigten in der Untergruppe von Patienten mit Vorhofflimmern, die einen ischämischen Insult erlitten hatten, dass NOAK in der Sekundärprävention eines erneuten ischämischen Schlaganfalls genauso wirksam sind wie Warfarin und mit einem deutlich geringeren Risiko für intrakranielle und intrazerebrale Blutungen einhergehen [1]. Ob dies im klinischen Alltag auch für ältere Patienten gilt, wurde jetzt in einer großen Datenbank in den USA untersucht.

Patienten und Methodik: Die in der Studie untersuchte Kohorte umfasste Patienten im Alter > 65 Jahren mit Vorhofflimmern, die zum Zeitpunkt ihres ischämischen Insults nicht antikoaguliert waren. Die Datenerhebung erfolgte zwischen Oktober 2011 und Dezember 2014. Die Endpunkte der Studie wurden aus der Medicare Datenbank erhoben. Dies erklärt, warum nur Patienten im Alter > 65 Jahr eingeschlossen wurden. Der primäre Endpunkt der Studie war die „Home Time“, ein Parameter der angibt, an wie vielen Tagen in der Beobachtungszeit der entsprechende Patient sich zu Hause befand, nicht verstorben und nicht in einem Pflegeheim untergebracht war. Weitere Endpunkte waren kardio- und zerebrovaskuläre Ereignisse sowie Blutungskomplikationen.

Ergebnisse: Zwischen Oktober 2011 und Dezember 2014 wurden 93.314 Patienten mit ischämischem Insult und Vorhofflimmern identifiziert. Für die Analyse standen 11.662 Patienten zur Verfügung, von den 7.621 Warfarin und 4.041 ein NOAK erhielten. Die Patienten waren im Mittel 80 Jahre alt und 56 % waren Frauen. Die beiden Patientenpopulationen waren bezüglich Begleiterkrankungen und Risikofaktoren vergleichbar.

Der primäre Endpunkt „Home Time“ während des ersten Jahres nach der Entlassung aus dem Krankenhaus betrug im Mittel 287 Tage mit NOAK und 263 Tage mit Warfarin (adjustierte Hazard Ratio [HR]: 15,6; 95 %-Konfidenzintervall [KI]: 9,0–22,1; p < 0,001. Schwerwiegende kardio- und zerebrovaskuläre Ereignisse waren bei 1.930 der mit einem NOAK behandelten Patienten (34 %) und 4.476 Patienten der mit Warfarin behandelten Patienten (40,4 %) aufgetreten (adjustierte HR: 0,89; 95 %-KI: 0,3–0,9; p < 0,01). Die Gesamtsterblichkeit war um 12 % zugunsten der NOAK reduziert, tödliche Blutungen um 16 %. Ein Vorteil der NOAK ergab sich auch für zerebrale Blutungen mit einer Risikoreduktion von 31 %. Keine Unterschiede fanden sich bei ischämischen Schlaganfällen und systemischen Embolien. Das Risiko gastrointestinaler Blutungen war unter NOAK 14 % höher als unter Warfarin. Die beiden Therapien hatten keinen Einfluss auf das Auftreten einer Pneumonie oder Sepsis.

Schlussfolgerungen: Bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern und akutem ischämischen Insult ist die Behandlung mit einem NOAK mit einem besseren Langzeit-Outcome assoziiert als die Therapie mit Warfarin.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Nationale und internationale Leitlinienempfehlungen bestätigt

Die große Datenbankstudie aus den USA belegt im klinischen Alltag, was bereits in den randomisierten NOAK-Studien beobachtet worden war. Sowohl in den randomisierten Studien als auch in der hier vorliegenden Datenanalyse hatten NOAK keinen Vorteil gegenüber Warfarin im Hinblick auf die Prophylaxe erneuter ischämischer Insulte. Der Hauptvorteil der NOAK liegt in der hoch signifikanten Reduktion intrazerebraler Blutungen und anderer schwerwiegender Blutungskomplikationen. Allerdings ist das Risiko gastrointestinaler Blutungen unter NOAK leicht erhöht. Hier muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Sterblichkeit aufgrund von gastrointestinalen Blutungen unter einer Antikoagulation bei 2–3 % liegt, während sie bei intrazerebralen Blutungen 35–50 % beträgt. Die vorliegenden Daten unterstützen die Empfehlungen der europäischen Gesellschaft für Kardiologie und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, dass in der Sekundärprävention des ischämischen Insults bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern bevorzugt NOAK eingesetzt werden sollten.