Fragestellung: Ist der CGRP(Calcitonin Gene-Related Peptide)-Antikörper Fremanezumab in der Migräneprophylaxe bei Patienten wirksam, bei denen die bisherige vorbeugende Therapie versagt hat?

Hintergrund: Patienten mit häufigen Migräneattacken benötigen eine medikamentöse und nicht medikamentöse Migräneprophylaxe. Monoklonale Antikörper, die gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor gerichtet sind, haben ihre Wirksamkeit in der Prophylaxe von Migräneanfällen im Vergleich zu Placebo belegt. Diese Ergebnisse reichen aber nicht aus, um in Europa eine Erstattung durch die Krankenkassen oder das staatliche Gesundheitssystem zu erhalten. Daher wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Fremanezumab bei Patienten mit episodischer oder chronischer Migräne untersucht, die auf zwei bis vier Klassen von Migräneprophylaktika nicht angesprochen hatten.

Patienten und Methodik: Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Parallelgruppenstudie (FOCUS) schloss Patienten im Alter von 18 bis 70 Jahre mit episodischer oder chronischer Migräne ein, bei denen das Versagen von zwei bis vier Klassen von Migräneprophylaktika in den letzten zehn Jahren dokumentiert war. Therapieversagen war definiert als fehlende oder nicht ausreichende Wirkung nach mindestens drei Monaten Therapie bei stabiler Dosis (Urteil des behandelnden Arztes), Therapieabbruch wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen oder Kontraindikation der Medikamentengruppe. Nach der Randomisierung (1 : 1 : 1) erhielten die Teilnehmer entweder einmalig Fremanezumab (Monat 1: 675 mg subkutan; Monate 2 und 3: Placebo), einmal im Monat Fremanezumab (Monat 1: 225 mg subkutan bei episodischer Migräne, 675 mg subkutan bei chronischer Migräne; Monate 2 und 3: 225 mg in beiden Migränesubgruppen) oder zwölf Wochen lang monatlich Placebo. Der primäre Endpunkt war die mittlere Reduktion der Zahl der monatlichen Migränetage während der zwölfwöchigen Behandlungszeit im Vergleich zur vierwöchigen Baseline. Eingeschlossen wurden 329 Teilnehmer mit episodischer und 509 mit chronischer Migräne. Placebo erhielten 279 Teilnehmer, vierteljährliches Fremanezumab 276 und monatliches Fremanezumab 283.

Ergebnisse: Die Reduktion der durchschnittlichen Migränetage pro Monat im Vergleich zur Baseline über zwölf Wochen war bei Fremanezumab größer als bei Placebo. Die mittlere Reduktion der Migränetage betrug -0,6 Tage bei Placebo und -3,7 bei vierteljährlichem Fremanezumab (Differenz vs. Placebo: 3,1 Tage, 95 %-Konfidenzintervall [KI]: -3,8 bis -2,4; p < 0,0001). Bei monatlichem Fremanezumab betrug die mittlere Reduktion -4,1 Tage (Differenz vs. Placebo: -3,5 Tage, 95 %-KI: -4,2 bis -2,8; p < 0,0001). Unerwünschte Ereignisse traten vergleichbar oft auf. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden bei vier der 277 Teilnehmer der Placebogruppe (1 %), zwei der 276 mit vierteljährlichem Fremanezumab (< 1 %) und vier der 285 mit monatlichem Fremanezumab behandelten Patienten (1 %) beobachtet.

Schlussfolgerung: Fremanezumab war bei Patienten mit schwer zu behandelnder Migräne, die auf zwei bis vier Klassen von Migräneprophylaktika nicht angesprochen hatten, gut wirksam und verträglich.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

FOCUS wird helfen, den Weg zur Erstattung durch die GKV zu ebnen

Die FOCUS-Studie untersuchte den CGRP-Antikörper Fremanezumab bei Patienten, bei denen zwei, drei oder vier Gruppen von Migräneprophylaktika in der Vergangenheit nicht wirksam waren, nicht vertragen wurden, oder kontraindiziert waren. Fremanezumab war eindeutig wirksamer als Placebo und wirkte sowohl bei episodischer als auch bei chronischer Migräne. Auch die Untergruppe der Patienten mit chronischen Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln profitierte von Fremanezumab, wobei diese Ergebnisse in einer weiteren Publikation detailliert dargestellt werden. Die FOCUS-Studie wird sicher auch helfen, eine Erstattung von Fremanezumab durch die gesetzlichen Krankenkassen für diese Patientenpopulation zu erhalten. Eine Besonderheit der FOCUS-Studie war, dass die Nichtwirksamkeit beziehungsweise Unverträglichkeit der bisherigen Therapien dokumentiert und vom Arzt bestätigt werden musste.