Durch zunehmende Behandlungsoptionen bei Multipler Sklerose (MS) wird die Wahl der individuell besten Therapie herausfordernder. Langzeitdaten und Ergebnisse aus dem Versorgungsalltag können die Therapieentscheidung erleichtern.

Ein verbessertes Verständnis von molekularen Prozessen ermöglicht es auch in der Neurologie, zunehmend zielgerichtete Behandlungsansätze zu entwickeln. Dabei spielt die personalisierte Therapieabfolge bei MS eine immer größere Rolle: Denn neben dem individuellen Krankheitsverlauf sollten auch individuelle Bedürfnisse und die Lebenssituation der Betroffenen berücksichtigt werden. Langzeitdaten sowie Analysen aus Real-World-Daten (RWD) können bei der Entscheidung helfen. Zwar sind randomisierte Studien den RWD-Analysen bezogen auf den statistischen Evidenzgrad überlegen, RWD entsprechen jedoch besser dem klinischen Alltag und können die Evidenz aus randomisierten Studien ergänzen und erweitern.

Aus den Langzeitdaten der Zulassungsstudien DEFINE und CONFIRM sowie der Verlängerungsstudie ENDORSE geht hervor, dass 51 % der Patienten unter Dimethylfumarat (DMF, Tecfidera®) über den gesamten Beobachtungszeitraum von zehn Jahren schubfrei blieben. Zudem war bei 64 % keine Behinderungsprogression nachweisbar. Das Sicherheitsprofil von DMF blieb über den Beobachtungszeitraum unverändert [Gold R et al. ECTRIMS 2019; P1.397]. Die Wirksamkeit von DMF im Vergleich zu anderen krankheitsmodifizierenden Therapien wurde durch eine Metaanalyse von Behandlungsdaten aus 18 Datenbanken großer Real-World-Studien bekräftigt [Cutter G et al. ECTRIMS 2019; P1.394].

Auch bei Natalizumab (Tysabri®) zeigt eine aktuelle Auswertung des Tysabri® Observational Program — einer laufenden Studie unter Real-World-Bedingungen — einen anhaltenden Therapieeffekt von Natalizumab bei schubförmig remittierender MS (RRMS) über acht Jahre [Spelman T et al. ECTRIMS 2019; P1.391]. Ergebnisse aus der Beobachtungsstudie STRIVE bestätigen eine Natalizumab-Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen über vier Jahre: 58 % der Patienten waren frei von klinisch messbarer Krankheitsaktivität sowie Krankheitsaktivität in der Magnetresonanztomografie [Perumal J et al. ECTRIMS 2019; P1.348].

Bei vielen Frauen im gebärfähigen Alter mit MS-Diagnose spielt die Familienplanung eine wichtige Rolle. Daher wurden bei Frauen, die mit (Peg)IFN beta behandelt wurden, Schwangerschaftsausgänge und der Einfluss auf die Entwicklung des Kindes mittels retrospektiver Analysen, basierend auf den nordischen Registern sowie dem europäischen (Peg)IFN-Schwangerschaftsregister, untersucht und mit Frauen ohne Behandlung oder aus der Normalbevölkerung verglichen. Die Behandlung mit (Peg)IFN vor oder während der Schwangerschaft schien demnach keinen negativen Einfluss auf den Ausgang der Schwangerschaft und das Kind zu haben [Vattulainen P et al. ECTRIMS 2019; P1.144, Hellwig K et al. AAN 2019; S49.005]. Ähnlich waren auch die Daten aus der Langzeitbeobachtungsstudie Plegridy® Observational Program mit über 1.200 Patientinnen mit RRMS [Salvetti M et al. ECTRIMS 2019; P1.019].