Fragestellung: Kann Deferoxamin, das eine hohe Affinität zu dreiwertigen Eisenionen und chelatbildende Eigenschaften hat, die Prognose einer intrazerebralen Blutung (ICH) verbessern?

Hintergrund: Die Freisetzung von Eisen aus Hämoglobinabbauprodukten nach Hämolyse der Erythrozyten in intrazerebralen Blutungen führt zu Apoptose, oxidativem Stress, Entzündungsreaktionen und Autophagie. Es gibt präklinische Daten, dass der Eisenchelator Deferoxamin neuroprotektive Eigenschaften hat.

Patienten und Methodik: In der multizentrischen, randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Phase-II-Studie erhielten Erwachsene mit einer primären spontanen supratentoriellen ICH nach Randomisierung entweder Deferoxamin 32 mg/kg pro Tag oder Placebo an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Der Studieneinschluss erfolgte innerhalb von 24 Stunden nach Beginn der Blutung. Der primäre Studienendpunkt war ein gutes klinisches Ergebnis, das als Score von 0–2 auf der modifizierten Rankin-Skala (mRS) am Tag 90 definiert war.

Ergebnisse: Ausgewertet wurden 144 Patienten, die Deferoxamin und 147 Patienten, die Placebo erhielten (mittleres Alter 60 Jahre, 60 % Männer.) Die Schwere des Schlaganfalls gemessen mit der NIHSS betrug im Mittel 13 Punkte. Die meisten Blutungen waren im Marklager aufgetreten; das mittlere Blutungsvolumen betrug 12,5 ml. Die Behandlung begann im Mittel nach 18 Stunden. Am Tag 90 erreichten in der Deferoxamingruppe 48 Patienten (34 %) und in der Placebogruppe 47 Patienten (33 %) einen mRS-Wert von 0–2 (absolute Risikodifferenz 0,6 %). Innerhalb der 90 Tage traten 70 schwerwiegende Arzneimittelwirkungen bei 39 (27 %) Patienten der Deferoxamin- und 78 bei 49 (33 %) von 147 Patienten der Placebogruppe auf. Zehn (7 %) Patienten in der Deferoxamin- und elf (7 %) in der Placebogruppe verstarben.

Schlussfolgerungen: Deferoxamin ist sicher, weitere Studien zur Wirksamkeit von Deferoxaminmesilat bei ICH machen jedoch keinen Sinn.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Möglicherweise nochmals kombiniert mit anderen Ansätzen prüfen

In Tierexperimenten konnte gezeigt werden, dass durch den Eisenchelatbinder die toxischen Eigenschaften der Freisetzung von Eisen aus Erythrozyten, die in der Blutung zerfallen, reduziert wird. Es handelte sich hier um eine Phase-II-Studie mit der Frage, ob es gerechtfertigt wäre mit diesem bereits verfügbaren und preiswerten Medikament eine größere Phase-III-Studie durchzuführen. Die i-DEF-Studie zeigte, dass Deferoxamin leider die Prognose von Patienten mit intrazerebralen Blutungen nicht verbessert. Allerdings war die Substanz gut verträglich. Es stellt sich jetzt die Frage, ob der Einsatz von Deferoxamin nochmals gerechtfertigt wäre, wenn diese Substanz in Kombination mit anderen therapeutischen Ansätzen wie beispielsweise einer aggressiven Blutdrucksenkung oder Substanzen zur Antagonisierung von Antithrombotika sinnvoll wäre. Dazu wäre aber eine weitere große Phase-III-Studie notwendig.