Fragestellung: Ist peripheres C-reaktives Protein (CRP) vor allem bei Patienten mit therapieresistenter Depression erhöht?

Hintergrund: Immunologische Mechanismen werden seit den 1990er-Jahren im Zusammenhang mit Depressionen diskutiert. Die Entstehung der Depression wird hierbei als inflammatorisches Geschehen, ausgelöst durch organische und psychosoziale Stressoren, angesehen. Sowohl die Erhöhung von peripheren Zytokinen als auch Erhöhungen von CRP konnten in Studien aufgezeigt werden. Die Ergebnisse einer Metaanalyse bleiben aber weiterhin heterogen [1]. Auch hochsensitives CRP (hsCRP), das zur Risikoeinschätzung einer koronaren Herzerkrankung Verwendung findet, wird zunehmend bei depressiven Patientenkollektiven im Rahmen von Studien bestimmt.

Ziel der Autoren war es zu untersuchen, ob CRP in der Gruppe von Patienten mit therapieresistenten Verläufen erhöht ist. Im zweiten Schritt sollte untersucht werden, ob eine CRP-Erhöhung mit bestimmten klinischen Subtypen der Depression (z. B. der atypischen Depression) in Zusammenhang steht.

Patienten und Methodik: Es handelt sich um eine Auswertung im Rahmen des „Wellcome Trust Consortium for the Neuroimmunology of Mood Disorders and Alzheimer’s Disease (NIMA)“. Die Analysen erfolgte bei 252 Probanden (102 mit therapieresistenter-, 48 mit therapieresponsiver Depression, 48 unbehandelte Depressive, 54 gesunde Kontrollen). Einschlusskriterien waren ein Alter von 25–50 Jahren, unipolare Depression und SSRI-Medikation in der Vorgeschichte. Neben der CRP-Bestimmung erhielten die Probanden ein ausführliches testpsychologisches Assessment zur Identifikation von potenziellen Subtypen der Depression, die mit einer CRP-Erhöhung assoziiert sein könnten.

Ergebnisse: Das hsCRP war in allen drei Gruppen der depressiven Probanden signifikant erhöht im Vergleich zu der gesunden Kontrollgruppe. Zwischen den Gruppen der Erkrankten zeigten sich keine signifikanten Unterschiede der hsCRP-Konzentration. Für die verschiedenen Klassen von Antidepressiva konnte kein Einfluss auf die Höhe des CRP-Levels festgestellt werden. Im Gesamtkollektiv zeigte sich eine signifikant positive Korrelation zwischen Body-Mass-Index (BMI) und CRP-Konzentration, weshalb die Autoren die Analysen auch mit BMI-korrigiertem CRP durchführten. Es zeigte sich auch hier ein signifikant erhöhtes hsCRP bei allen Patienten mit Major Depression im Vergleich zum Kontrollkollektiv. Trendweise zeigten sich höhere Werte bei den therapieresistenten Probanden. In der ausführlichen Testdiagnostik konnte eine hsCRP-Erhöhung mit dem Subtyp einer atypischen Depression mit im Vordergrund stehender vegetativer Symptomatik, sowie bei Probanden mit einer Traumatisierung in der Kindheit in Verbindung gebracht werden.

Schlussfolgerungen: Das hsCRP war bei depressiven Patienten im Vergleich zu den gesunden Kontrollen signifikant erhöht. Eine deutliche Erhöhung bei Patienten mit therapieresistenter Depression war nicht nachweisbar. Allerdings waren einzelne klinische Phänotypen mit einer CRP-Erhöhung vergesellschaftet.

Kommentar von Jan Engelmann, Mainz

Zurzeit nicht als Biomarker in der Routine einsetzbar

Bei der weiterhin schlechten Response auf gängige Antidepressiva und zunehmend therapieresistenten Verläufen setzt diese Arbeit ihren Fokus auf ein klinisch bedeutsames Patientenkollektiv. Als methodische Einschränkung ist vor allem die hier verwendete Definition von Therapieresistenz zu nennen. Entgegen dem gängigen Standard galten bereits Patienten mit nur einem Therapieversagen unter einer SSRI-Therapie über sechs Wochen als therapieresistent. Daten zu weiteren Inflammationsmarkern, die laut Methodik bestimmt wurden, wurden leider nicht berichtet. Auch wenn kein spezieller Zusammenhang zu therapieresistenten Depressiven hergestellt werden konnte, unterstützt die Studie eine Vielzahl von Vorarbeiten, die sich mit immunologischen Parametern bei Depressiven beschäftigen. Interessant ist hierbei vor allem die Subgruppe der atypisch Depressiven, die eine hsCRP-Erhöhung aufwiesen. Im Sinne einer detaillierteren Phänotypisierung von depressiven Patienten im Vorfeld der Behandlung könnten, neben klinischen, genetischen und bildmorphologischen Parametern auch immunologische Biomarker zukünftig eine bessere Beschreibung der einzelnen Patienten und individuellere Therapieschemata ermöglichen. Zurzeit kann CRP aber weiterhin nicht als Biomarker in der klinischen Routine eingesetzt werden.

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Dr. med. Jan Engelmann, Mainz