Fragestellung: In dieser Studie sollte geprüft werden, ob schlechter und verkürzter Schlaf das Risiko für das Auftreten eines Parkinsonismus und eines idiopathischen Parkinsonsyndroms erhöhen.

Hintergrund: Die Parkinsonerkrankung umfasst nicht ausschließlich motorische Symptome wie Rigor, Bradykinese und Tremor, sondern auch multiple, nicht motorische Störungen. Prominent sind dabei Fehlfunktionen des Riechvermögens und das Auftreten von Obstipation und Depression. Zudem sind oft Schlafstörungen, zum Teil im Sinne einer REM-Schlafstörung vorhanden, die dem Auftreten der motorischen Symptome meist vorangehen. Patienten, die nachts häufiger aufwachen, scheinen ein erhöhtes Risiko zu haben, parkinsonkrank zu werden. Schlafstörungen, die auf α-Synuclein-Einlagerungen in den Schlafzentren beruhen, können somit bei Synucleinopathien, wie dem idiopathischen Parkinsonsyndrom, von hoher klinischer Relevanz sein.

Patienten und Methodik: Die Studie war Teil der sogenannten Rotterdam-Studie, einer großen prospektiven populationsbasierten Untersuchung in den Niederlanden. Insbesondere von Interesse waren multiple Krankheitsbilder bei älteren Patienten. Die erste Kohorte wurde 1990 initiiert und umfasste 7.983 Personen über 55 Jahre. Im Jahr 2000 kamen 3.011 weitere Personen von über 55 Jahren hinzu. 2006 wurden dann noch einmal 3.932 Personen, die mindestens 45 Jahre alt sein mussten, in die Studie integriert.

In der vorliegenden Arbeit wurden aus allen drei Einschlussrunden Probanden aufgenommen, die den Schlaffragebogen Pittsburgh-Schlaf-Qualitäts-Index (PSQI) ausgefüllt hatten. Zu Studieninitiierung, die zwischen 2002 und 2008 lag, wurden insgesamt 7.726 Probanden, über die ausreichende Daten zur Schlafqualität und -dauer vorlagen und die zu diesem Zeitpunkt kein Parkinsonsyndrom aufwiesen und keinen Mini-Mental-Wert unter 25 hatten, eingeschlossen. Die Patienten wurden so lange in der Studie behalten, bis sie einen Parkinsonismus oder ein idiopathisches Parkinsonsyndrom entwickelten oder verstarben. Insgesamt konnten 64.855 Personenjahre überblickt werden. Für die Analyse der Schlafveränderungen im Zeitverlauf wurden 5.450 Probanden zwischen 2009 und 2014 rekrutiert, die dann im Follow-up bezüglich Parkinsonismus und idiopathischem Parkinsonsyndrom beobachtet wurden. Mittels des PSQI wurden die mittlere Schlafqualität im Laufe eines Monats sowie die Schlafdauer erfasst. Die Diagnose von Parkinsonismus und idiopathischem Parkinsonsyndrom erfolgte mithilfe von Interviews, Untersuchungen, Feststellung des Gebrauchs von Antiparkinsonmedikation sowie kontinuierlichem Monitoring der medizinischen Unterlagen. Parkinsonismus wurde als Vorliegen einer Hypo- oder Bradykinese zusammen mit mindestens einem weiteren Kardinalsymptom wie Ruhetremor, Rigor und posturale Instabilität definiert. Bei Patienten, die keine sekundäre Ursache wie Demenz, Benutzung von Antidopaminergika oder zerebrovaskuläre Erkrankungen aufwiesen, wurden die Symptome in der Regel als idiopathisches Parkinsonsyndrom klassifiziert.

Ergebnisse: Die Veränderungen von Schlafdauer und -qualität wurden über bis zu 10,9 Jahre (durchschnittlich 6 Jahre) bei allen Studienteilnehmern untersucht. In den sechs Jahren nach dem Follow-up-Visit, der meist drei Jahre nach Studienbeginn lag, wurden 25 Patienten mit Parkinsonismus, davon 17 mit idiopathischem Parkinsonsyndrom, diagnostiziert. Eine Verschlechterung der Schlafqualität war mit einer 1,76-fachen Zunahme des Risikos für ein Parkinsonsyndrom verknüpft. Eine Verkürzung der Schlafdauer erhöhte das Parkinsonrisiko 1,72-fach. Mit dem Auftreten eines Parkinsonismus waren dagegen eine verschlechterte Schlafqualität und verkürzte Schlafdauer weniger stark (1,23-fach bzw. 1,45-fach erhöhtes Risiko) verknüpft.

Schlussfolgerungen: Bei Verschlechterung der Schlafdauer und -qualität steigt das Risiko für das Auftretens eines Parkinsonismus und idiopathischen Parkinsonsyndroms.

Kommentar von Heinz Reichmann, Dresden

Schlafstörungen sind künftig als Risikofaktoren zu betrachten

Die Ergebnisse dieser Studie sind bezüglich ihrer Kernaussage überzeugend, dass das Auftreten von Schlafstörungen als ein Risikofaktor für die Entwicklung auch eines idiopathischen Parkinsonsyndroms zu werten ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass nicht ausschließlich das prämotorische Symptom, die REM-Schlafverhaltensstörung, sondern auch eine Verkürzung der Schlafdauer und eine Verschlechterung der Schlafqualität künftig von uns als Risikofaktoren für die Entwicklung eines Parkinsonsyndroms zu beachten sind.

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Prof. Dr. med. Heinz Reichmann, Dresden