Fragestellung: Gibt es Unterschiede hinsichtlich der Wirksamkeit zwischen den drei zugelassenen oralen Substanzen, Fingolimod, Dimethylfumarat (DMF) und Teriflunomid?

Hintergrund: Die oralen Immuntherapien in der Behandlung der schubförmigen remittierenden Multiplen Sklerose (RRMS), Fingolimod, DMF und Teriflonumid, sind inzwischen zu Standardtherapien geworden. Allein mit Fingolimod und DMF sind inzwischen jeweils über 250.000 Patienten weltweit behandelt worden. Direkte Vergleichsstudien zwischen den einzelnen Substanzen existieren jedoch nicht. Daher sind Daten aus Registern und anderen Datenbanken zur Wirkung und zu Nebenwirkungen wichtig, um die Effektivität valide einschätzen und die jeweilige Substanz individualisiert einsetzen zu können.

Patienten und Methodik: In der MS-Base-Kohorte wurden alle Patienten mit RRMS identifiziert, die entweder mit Teriflunomid, DMT oder Fingolimod für mindestens drei Monate behandelt worden waren und für die auch eine regelmäßige Erhebung der Erkrankungsprogression vorlag.

Die Patientendaten wurden anhand des Propensity-Score-Systems aufbereitet und verglichen. Drei paarweise durchgeführte Analysen verglichen die jährliche Schubrate und das Risiko einer Behinderungsprogression beziehungsweise Behinderungsverbesserung sowie die Abbruchraten. Die Kohorte bestand schließlich aus 614 Patienten unter Teriflunomid, 782 Patienten mit DMF und 2.332 Patienten mit Fingolimod, die im Median über 2,5 Jahre nachuntersucht worden waren.

Ergebnisse: Die jährliche Schubrate war unter Fingolimod niedriger als unter Teriflunomid (0,18 vs. 0,24; p = 0,05) und DMF (0,20 vs. 0,26; p = 0,01) sowie ähnlich unter DMF und Teriflunomid (0,19 vs. 0,22; p = 0,55). Keine Unterschiede zeigten sich jedoch im Hinblick auf die Erkrankungsprogression oder die Behinderungsverbesserung. Bei einem Behandlungszeitraum von mehr als drei Monaten waren die Abbruchraten unter Fingolimod niedriger als unter DMF oder Teriflunomid; die Abbruchraten unter DMF und Teriflunomid waren in etwa gleich.

Schlussfolgerungen: Die Autoren schlossen aus diesen Ergebnissen, dass Fingolimod wirksamer ist als DMF und Teriflunomid. Ferner war die Abbruchrate unter Fingolimod deutlich geringer als unter DMF, wobei die Abbruchraten unter DMF und Teriflunomid ungefähr identisch waren. Hinsichtlich der Erkrankungsprogression bestanden allerdings keine Unterschiede.

Kommentar von Volker Limmroth, Köln

Therapie individualisieren

Vorab sollte man sich nochmals vor Augen halten, dass es sich hier nicht um eine randomisierte Vergleichsstudie handelt, sondern um Daten aus einem Register. Nichtsdestotrotz können Registerdaten sehr hilfreich sein, um die Effekte der realen Welt besser beurteilen zu können. Die Ergebnisse sind nicht wirklich überraschend. Fingolimod scheint hinsichtlich der Wirksamkeit die Nase vorn zu haben, nicht nur vor Teriflunomid, was wiederum zu erwarten war, sondern auch vor DMF. Hinsichtlich der Abbruchraten steht Fingolimod ebenfalls gut da. Dass im direkten Vergleich mehr Patienten unter DMF die Therapie verlassen, ist bei den bekannten gastrointestinalen Nebenwirkungen nachvollziehbar. Dass Teriflunomid eine identische Abbruchrate aufweist wie DMF ist dann doch etwas überraschend. Möglicherweise ist die „Haarausdünnung“ unter Teriflunomid für viele Patienten ein starkes K.O.-Kriterium. Die fehlenden Unterschiede bei der Erkrankungsprogression sind wahrscheinlich dem kurzen Beobachtungszeitraum geschuldet. Insgesamt sind dies gute Daten für Fingolimod.

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Prof. Dr. med. Volker Limmroth, Köln-Merheim