Alle vier Jahre vereint die Deutsche Gesellschaft für Neurologie ihren Jahreskongress mit dem der Gesellschaft für Neuropädiatrie und dem der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie zur Neurowoche. Hier lassen sich aktuelle Highlights und Erkenntnisse aus Forschung und Praxis des vergangenen Jahres in Hülle und Fülle ernten. Wir berichten über neue Leitlinien bei MS, Empfehlungen zur pharmakologischen Intervention bei Demenz, Off-label-Use und die Rolle des Arztes bei der Schmerzwahrnehmung des Patienten.
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Neue Leitlinienempfehlungen zur Immuntherapie bei MS
Derzeit wird eine Aktualisierung der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose vorbereitet, die Ende des Jahres veröffentlicht werden soll.
Professor Bernhard Hemmer, Neurologische Klinik der Technischen Universität München, stellte Eckpunkte der zukünftigen Leitlinienempfehlungen zur verlaufsmodifizierenden Therapie bei schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) vor (S2e Leitlinie Multiple Sklerose, Diagnostik und Therapie. AWMF-Registernummer 030-050. Geplanter Fertigstellungstermin: 31. Dezember 2018). Diesmal wirken auch Patientenvertreter mit. „Sie haben uns nochmal vor Augen geführt, wie wichtig es ist, vor der Therapieentscheidung einen Dialog zu führen und gemeinsam realistische Therapieziele zu vereinbaren“, so der Leitlinienkoordinator. Deshalb steht den Therapieempfehlungen eine entsprechend starke Empfehlung zur gemeinsamen Therapiezielfindung voran. Die Ziele der Immuntherapie sollen die Verhinderung beziehungsweise Reduktion von klinischer Krankheitsaktivität und Erhalt der Lebensqualität sein. Das Statement zum Therapieziel der Reduktion der per Kernspintomografie messbaren subklinischen Krankheitsaktivität bekommt dagegen nicht zuletzt wegen der Sichtweise der Patientenvertreter eine etwas weniger starke „Sollte“-Empfehlung. Die Leitlinie teilt die verlaufsmodifizierenden Immuntherapien in drei Kategorien:
In der Kategorie I werden primär Betainterferone, Dimethylfumarat, Glatirameracetat und Teriflunomid empfohlen. Dabei gibt es keine Präferenz für eine der Substanzen. Die Wahl der Therapie soll sich in erster Linie nach den Präferenzen und Komorbiditäten des Patienten richten. Als Option der zweiten Linie wird außerdem Azathioprin genannt.
Kategorie II umfasst als stärker wirksame Optionen Fingolimod (1. Linie) und Cladribin (2. Linie). Fingolimod sollte aufgrund der besseren Steuerbarkeit und der verfügbaren Langzeitdaten bevorzugt werden. Die Leitlinienkommission behält sich aber vor, bei Vorliegen entsprechend längerer Sicherheitsdaten Cladribin neu zu bewerten.
Die Empfehlungen der Kategorie III unterscheiden sich je nach JCV-Antikörpertiterstatus. Bei Patienten, die JCV-Antikörper-positiv sind, wird in erster Linie Ocrelizumab/Rituximab oder Alemtuzumab empfohlen, in zweiter Linie wird als eventuelle Option Natalizumab für maximal 24 Monate genannt. Bei JCV-Antikörper-negativem Status sollten Patienten dagegen primär Natalizumab erhalten und erst in zweiter Linie die anderen Optionen.
Rituximab ist als Therapie in dieser Indikation nicht zugelassen, betonte Hemmer. In Schweden wurden aber gute Erfahrungen mit dieser Therapie gemacht, weshalb diese Option auch in der Leitlinie Berücksichtigung finden soll. In Schweden liegt der Anteil der Verordnungen von Rituximab als immunmodulierende Therapie bei schubförmig remittierender MS — auch dort off-label — bereits bei 53,5 %.
Literatur
Symposium „Multiple Sklerose: Fortbildung“; Vortrag Bernhard Hemmer: „Die Qual der Wahl — Rationale Immuntherapie bei der Multiplen Sklerose“. Neurowoche 2018 in Berlin, 31.10.2018
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Klein, F. Reiche (Neuigkeiten-)Ernte im Herbst. InFo Neurologie 20, 50 (2018). https://doi.org/10.1007/s15005-018-2846-9
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