Fragestellung: Ist der Monoaminoxidase-B-Hemmer Rasagilin in der Behandlung von Patienten mit amyotropher Lateralsklerose wirksam?

Hintergrund: Die amyotrophe Lateralsklerose ist eine progrediente neurogenerative Erkrankung, die sowohl Pyramidenzellen im motorischen Kortex als auch Motoneurone im Rückenmark betrifft. Die mittlere Überlebenszeit beträgt zwei bis drei Jahre. Die einzige bisher wirksame und zugelassene Therapie ist der NMDA-Rezeptorantagonist Riluzol. Rasagilin ist ein Monoaminoxidase-B-Hemmer, der für die Behandlung des Parkinson-Syndroms zugelassen ist. In einem Mausmodell der amyotrophen Lateralsklerose war Rasagilin wirksam. Daher war es angebracht, eine entsprechende Therapiestudie am Menschen durchzuführen.

Patienten und Methodik: Es handelte sich um eine Investigator-initiierte Studie bei Patienten mit amyotropher Lateralsklerose durch das Deutsche Netzwerk für Motoneuronen-Erkrankungen (MND-NET). Die Studie war randomisiert, placebokontrolliert und doppelblind angelegt. Es nahmen 15 Zentren in Deutschland teil. Eingeschlossen wurden Patienten mit amyotropher Lateralsklerose im Alter über 18 Jahren, bei denen die Krankheit seit mehr als sechs Monaten, aber seit weniger als zehn Jahren bestand. Alle Patienten wiesen noch eine Vitalkapazität von 50 % auf. Die Therapie erfolgte entweder mit 1 mg Rasagilin pro Tag oder Placebo zusätzlich zu Riluzol 100 mg pro Tag. Die Patienten wurden zwei, sechs, zwölf und 18 Monate nach der Randomisierung nachuntersucht. Der primäre Studienendpunkt war die Sterblichkeit. Sekundäre Endpunkte waren der Wert auf der ALSFRS-R-Skala, die Änderungen der Vitalkapazität und die Änderung der Lebensqualität.

Ergebnisse: Für die Studie wurden 237 Patienten gescreent und 125 mit Placebo und 127 Patienten mit Rasagilin behandelt. Die Patienten waren im Mittel 60 Jahre alt und bei drei Viertel der Patienten bestand eine spinale Manifestation der amyotrophen Lateralsklerose. Die Krankheitsdauer lag im Mittel bei 18,5 Monaten. Die Vitalkapazität betrug 85 %. Am Ende der Studie waren 51 mit Placebo behandelte Patienten und 50 mit Rasagilin behandelte Patienten verstorben. Dieser Unterschied war nicht signifikant. Es ergaben sich auch keine signifikanten Unterschiede für die sekundären Endpunkte der Studie.

In einer Post-hoc-Analyse wurden Patienten untersucht, die zu Studienbeginn eine rasche Verschlechterung der Erkrankung aufgewiesen hatten. In dieser Subgruppe ließ sich ein therapeutischer Effekt von Rasagilin nachweisen.

Schlussfolgerung: Bei der amyotrophen Lateralsklerose ist die zusätzliche Therapie mit Rasagilin bei Patienten, die mit Riluzol behandelt werden, einer Therapie mit Placebo nicht überlegen.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Zusatztherapie mit Rasagilin bei ALS ohne Effekt

Die hier vorliegende randomisierte Studie des Motoneuronen-Netzwerkes Deutschland zeigt leider, dass die Zusatztherapie mit dem Monoaminooxidase-B-Hemmer Rasagilin bei Patienten mit amyothropher Lateralsklerose, die bereits mit Riluzol behandelt werden, keinen therapeutischen Effekt hat. Dies galt sowohl für den primären Endpunkt, die Sterblichkeit, als auch für alle sekundären Endpunkte. Die Ergebnisse der Post-hoc-Analyse, die nahelegt, dass ein therapeutischer Effekt möglicherweise bei Patienten mit rascher Krankheitsprogression besteht, reicht nicht aus, um eine Behandlung dieser Patienten zu rechtfertigen. Hier müsste dann eine weitere Studie erfolgen.