Fragestellung: Verglichen wurde die Wirksamkeit von Antidepressiva mit kognitiver Therapie im Rahmen einer Ausschleichphase von Antidepressiva sowie einer Kontrollgruppe, die kognitive Therapie in Kombination mit Antidepressiva zur Prävention von Rückfällen oder Rezidiven erhielt.

Hintergrund: Die Weitergabe von Antidepressiva nach dem Abklingen einer depressiven Phase ist eine übliche Strategie zur Rückfallprophylaxe. Eine alternative Strategie ist eine präventive kognitive Therapie, jedoch war bislang nicht klar, ob dies einen Nutzen hat, wenn Antidepressiva ausgeschlichen werden. Auch war bislang unklar, ob eine Kombination aus Erhaltungstherapie mit Antidepressiva und Psychotherapie Rückfälle effektiver verhindert als die Antidepressiva-Erhaltungstherapie allein.

Patienten und Methodik: Es handelte sich um eine einfachblinde, multizentrische randomisierte kontrollierte Studie mit Parallelgruppendesign. Die Patienten wurden von Hausärzten, Apothekern und über Medien rekrutiert. Voraussetzung waren mindestens zwei depressive Episoden in der Vorgeschichte. Bei Studieneinschluss musste die depressive Episode unter Antidepressiva, die bereits seit mindestens sechs Monaten eingenommen wurden, abgeklungen oder eine Remission eingetreten sein. Patienten mit bipolaren Störungen, Psychosen, Sucht, behandlungsbedürftigen Angststörungen, organischen Hirnerkrankungen in der Vorgeschichte oder Psychotherapie in einer Frequenz häufiger als zweimal im Monat wurden ausgeschlossen. Die Gruppen wurden nach Anzahl vorausgegangener depressiver Episoden und Art der Vorbehandlung stratifiziert. 289 Patienten wurden randomisiert entweder der präventiven kognitiven Therapie plus Antidepressivum (n = 104), ausschließlich einem Antidepressivum (n = 100) oder präventiver kognitiver Therapie und langsamen Ausschleichen des Antidepressivums (n = 85) zugewiesen. Das primäre Outcome-Kriterium war der Anteil von Patienten mit Rückfällen (Relapse) oder Wiederkehr der Erkrankung in der Intent-to-treat-Population. Der Beobachtungszeitraum betrug 24 Monate.

Ergebnisse: Antidepressiva allein waren einer kognitiven Therapie bei gleichzeitigem langsamen Ausschleichen der Antidepressiva im Hinblick auf Rückfall- oder Rezidivrisiko nicht überlegen. Die Kombination aus präventiver kognitiver Therapie und Antidepressiva führte zu einer 41%igen Reduktion des relativen Risikos im Vergleich mit alleiniger Antidepressivagabe.

Schlussfolgerungen: Eine Erhaltungstherapie mit Antidepressiva ist einer präventiven kognitiven Therapie nach vollständigem Abklingen einer depressiven Phase im Hinblick auf das Rückfallrisiko nicht überlegen, während eine Kombination aus präventiver kognitiver Therapie und Antidepressivagabe im Vergleich mit der alleinigen Gabe von Antidepressiva wirksamer ist. Bei Patienten mit rezidivierenden depressiven Episoden sollte daher eine kognitive Therapie sowohl dann angewendet werden, wenn zur Rückfallprophylaxe Antidepressiva gegeben werden, als auch dann, wenn die Betroffenen das Antidepressivum ausschleichen wollen.

Kommentar von Ulrich Voderholzer, Prien am Chiemsee

Kombination ist der jeweiligen Monotherapie überlegen

Eine wichtige, methodisch sehr gute Studie, die sich mit längerfristigen Effekten von Psychotherapie und Antidepressiva über einen 2-Jahres-Zeitraum befasst und den Nutzen kognitiver Therapie in der Rückfallprophylaxe bei rezidivierender Depression belegt. Erstmalig konnte eine randomisierte kontrollierte Studie zeigen, dass eine Kombination aus kognitiver Therapie und Antidepressiva in der Rückfall- und Rezidivprophylaxe bei rezidivierender Depression wirksamer ist als Antidepressiva alleine. Die Studie spricht klar dafür, Patienten mit rezidivierender Depression auch dann oder gerade dann eine kognitive Therapie zu empfehlen, wenn die Depression abgeklungen ist und es ihnen wieder gut geht. In der Studie fehlt ein vierter Arm mit einer Kontrollgruppe, bei denen die Antidepressiva abgesetzt wurden, ohne dass eine kognitive Therapie erfolgte. Hier gibt es allerdings genügend Vorbefunde, die zeigen konnten, dass dies das Risiko eines Rezidivs im Vergleich mit der Weitereinnahme des Antidepressivums etwa verdoppelt.

Im Grunde bestätigen die Befunde zur Rückfall- und Rezidivprophylaxe, was auch für die Akuttherapie bei Depression belegt ist: Antidepressiva und Psychotherapie sind etwa vergleichbar wirksam, die Kombination aus beiden ist der jeweiligen Monotherapie überlegen.

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Prof. Dr. med. Ulrich Voderholzer, Prien am Chiemsee