Das orale MS-Therapeutikum Cladribin zur Behandlung von Patienten mit hochaktiver schubförmiger Multipler Sklerose (RRMS) zeichnet sich durch kurze Behandlungsphasen und eine nachhaltige Wirkung aus. Ein halbes Jahr nach der EMA-Zulassung belegen neue Studienergebnisse den signifikanten Therapienutzen des Präparates.

„Der besondere Vorteil der neuen Therapieoption liegt im Regime“, so Professor Sven Meuth, leitender Neurologe am Universitätsklinikum Münster. Die Tabletten müssen in den ersten zwei Behandlungsjahren nur an maximal 20 Tagen eingenommen werden, in den beiden Folgejahren ist meist keine Therapie nötig.

Denn Cladribin (Mavenclad®) führt zu nachhaltigen Veränderungen des erworbenen Immunsystems. T- und B-Zellen, beide maßgeblich an der MS-Pathogenese beteiligt, werden in den Jahren 1 und 2 selektiv reduziert. Im therapiefreien Intervall erholen sich die Immunzellen wieder, was sich günstig auf das Nebenwirkungsprofil auswirke. So waren schwere Lymphopenien und Herpes-Zoster-Infektionen vergleichsweise selten. In acht Jahren Follow-up wurden keine Fälle von Progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML) oder sekundärer Autoimmunität bekannt [Mavenclad® Fachinformation, Stand August 2017]. Aktuelle Daten der Studie CLARITY EXTENSION (Cladribine Tablets treating multiple sclerosis orally) zeigten, dass der Effekt dieser zweijährigen Behandlungsperiode meist über vier Jahre anhielt [Giovannoni G et al. Mult Scler 2017; doi: 10.1177/1352458517727603]. Etwa drei von vier Patienten blieben auch in den Jahren 3 und 4 schubfrei und zeigten keine neuen T1-Läsionen im MRT. Die kurzen Therapiezyklen wirkten sich außerdem positiv auf die Lebensqualität der Patienten aus [Afolabi et al. Mult Scler 2017 doi: 10.1177/ 1352458517726380].

Welche Eskalationstherapie im individuellen Fall am geeignetsten ist, wenn sich aus einer milden oder moderaten MS ein hochaktiver Verlauf entwickelt, lasse sich nicht immer leicht beantworten, erklärte Meuth. Das Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) rät, bei geplantem Switch von anderen krankheitsmodifizierenden Medikamenten auf Cladribin unbedingt die empfohlenen Wartezeiten einzuhalten, um sicherzugehen, dass sich das Blutbild wieder normalisiert hat (Lymphozyten > 1000/μl). Grundsätzlich sollte die Lymphozytenzahl vor Therapiebeginn sowie zwei und sechs Monate danach kontrolliert werden.

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Signifikante Verbesserung der Lebensqualität unter Cladribin vs. Placebo über zwei Jahre. (EQ-SD: Euro Quality of Life & Dimension Questionnaire)

Mod. nach Afolabi et al. Mult Scler 2017 doi: 10.1177/1352458517726380