Fragestellung: Ist Oxcarbazepin bei der Therapie der vestibulären Paroxysmie wirksam?

Hintergrund: Bei der vestibulären Paroxysmie kommt es zu extrem kurzen, für Sekunden oder Sekundenbruchteile auftretenden Drehschwindelattacken, die entweder spontan auftreten oder durch Kopfbewegungen provoziert werden. In Analogie zur Trigeminusneuralgie wird ein mikrovaskuläres Kompressionssyndrom des VIII. Hirnnerven vermutet. Daher bietet sich an, in Analogie zur Trigeminusneuralgie, Therapieversuche mit Carbamazepin oder Oxcarbazepin vorzunehmen.

Patienten und Methodik: Es handelte sich um eine randomisierte, placebokontrollierte doppelblinde Cross-over-Studie, die zwischen August 2005 und Dezember 2011 am Schwindelzentrum der Universitätsklinik Großhadern in München durchgeführt wurde. Die Patienten erhielten für drei Monate entweder Oxcarbazepin oder Placebo und wurden nach einer Auswaschphase von einem Monat mit der jeweils anderen Therapie behandelt. In der ersten Woche betrug die Dosis von Oxcarbazepin 300 mg einmal täglich, in der zweiten Woche 300 mg zweimal täglich und in der dritten Woche 300 mg dreimal täglich. Der primäre Endpunkt waren Tage mit einer oder mehreren Schwindelattacken. Sekundäre Endpunkte war die Zahl der Attacken an einem Tag mit Attacken und der Median der Attackendauer.

Ergebnisse: Für die Studie wurden 43 Patienten randomisiert (mittleres Alter 61 Jahre). Leider brachen viele Patienten die Behandlung ab, sodass für die Endauswertung nur 18 Patienten zur Verfügung standen. Der häufigste Grund für einen Studienabbruch waren unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Das Risiko einen Tag mit mindestens einer Schwindelattacke zu erleiden betrug 0,41 unter Oxcarbazepin und 0,62 unter Placebo. Dies resultierte in einem relativen Risiko von 0,67 (95%-Konfidenzintervall 0,47–0,95; p = 0,025. Die Zahl der Attacken an den Tagen, an den sie auftraten, betrug bezogen auf das relative Risiko 0,53 unter Oxcarbazepin verglichen mit Placebo. Für die Attackendauer ergab sich kein signifikanter Unterschied.

Schlussfolgerung: Die kleine randomisierte Cross-over-Studie zeigt, dass es unter Oxcarbazepin zu einer signifikanten Reduktion von Schwindelattacken bei der vestibulären Paroxysmie kommt.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Das Ergebnis soll in einer größeren Studie validiert werden

Die im deutschen Zentrum für Schwindel und Gleichgewichtsstörungen durchgeführte Studie war eine Pilotstudie zur Planung einer größeren Phase-III-Studie. Sie zeigt die bekannten Probleme mit Cross-over-Studien über eine Gesamtdauer von sieben Monaten. Beinahe 60 % der ursprünglich randomisierten Patienten brachen die Therapie während der Studie wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen ab. Dies ist ein bekanntes Phänomen bei der Einnahme von Oxcarbazepin. Die Studie zeigte aber auch eindeutig, dass bei den 18 Patienten, die die Studie beendeten, Oxcarbazepin die Tage, an denen Schwindelattacken auftreten und die Attackenhäufigkeit an diesen Tagen signifikant reduzierte. Dieses Ergebnis soll jetzt in einer größeren multizentrischen Phase-III-Studie validiert werden.