Fragestellung: Die Wirksamkeit von Neurofeedback sollte mit der von Sham-Neurofeedback und metakognitiver Gruppentherapie bei Erwachsenen mit ADHS verglichen werden.

Hintergrund: Einige Studien legen eine Wirksamkeit von Neurofeedback zur Behandlung von ADHS nahe. Allerdings gibt es bisher wenige gut kontrollierte, randomisierte und verblindete Studien mit objektiven Outcome-Kriterien, die zeigen, dass der Erfolg von Neurofeedback tatsächlich auf aktive Behandlungselemente zurückzuführen ist.

Patienten und Methodik: In dieser dreifach verblindeten, randomisierten, kontrollierten Studie wurden 118 erwachsene Patienten mit ADHS in drei verschiedene Behandlungsarme eingeteilt: Neurofeedback (15 Wochen, 30 x EEG Ѳ-zu-β Neurofeedback), Sham Neurofeedback (15 Wochen, 15 x Sham Neurofeedback, danach 15 x echtes Neurofeedback) und metakognitive Therapie (12 Wochen, 12 x Gruppentherapie). Primärer Endpunkt war der Summenscore der Conners-Skalen zu Aufmerksamkeit und Verhalten für Erwachsene (CAARS). Sekundäre Endpunkte waren Maße zu Depressions- und Angstsymptomen, neuropsychologische Testungen zu Daueraufmerksamkeit, Interferenzkontrolle und kognitiver Flexibilität, und, als neurophysiologisches Maß für den Erfolg des Neurofeedbacks, das Verhältnis von Ѳ- zu β-Wellen. Alle Parameter wurden vor, während und nach der Behandlung sowie sechs Monate später erhoben. Die Wirksamkeit und Effizienz der drei Behandlungen hinsichtlich jedes Outcome-Kriteriums wurde in linearen gemischten Modellen mit den Kovariaten Zeit und Bedingung getestet.

Ergebnisse: Der CAARS-Summenscore reduzierte sich in allen drei Bedingungen von der Vortestung zum Follow-up (6 Monate nach Behandlungsende) mit folgenden Effektgrößen (Cohen’s d): Neurofeedback 1,00, Sham Neurofeedback 1,51, und metakognitive Therapie 1,41. In den Subskalen der CAARS sowie anderen (neuro-)psychologischen Variablen zeigten sich ebenfalls Verbesserungen in allen drei Behandlungsgruppen. Es gab keine Interaktion zwischen den Faktoren Behandlung und Zeit; Neurofeedback war den anderen Behandlungen also nicht überlegen. Das Ѳ-zu-β Verhältnis veränderte sich durch keine der drei Behandlungen über die Zeit und Symptomverbesserungen zeigten keinen Zusammenhang zu EEG-Maßen.

Schlussfolgerungen: Neurofeedback ist einer Sham-Bedingung und einer Gruppenpsychotherapie hinsichtlich der Wirksamkeit in der Behandlung von ADHS-Symptomen nicht überlegen. Alle drei Behandlungen haben gleichermaßen ADHS-Symptome reduziert.

Kommentar von Aylin Mehren, Oldenburg, und Alexandra Philipsen, Bonn

Wirkmechanismen erforschen

Dies ist die erste gut kontrollierte Studie zur Bewertung von Neurofeedback in der Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter. Bemerkenswert ist, dass alle drei untersuchten Behandlungen gute Effektgrößen bezüglich der Reduktion von ADHS-Symptomen erzielt haben. Unklar ist allerdings, ob die Verbesserungen spezifischen Effekten des Neurofeedbacks zuzuschreiben sind. Die Studie zeigt, dass sich das Ѳ-zu-β-Verhältnis — als objektives neurophysiologisches Maß — durch Neurofeedback nicht verändert hat. Somit sollten andere Faktoren als Wirkmechanismen in Betracht gezogen werden (z. B. Erwartungen der Patienten oder der Behandlungskontext). Ein großer Vorteil der Studie ist die dreifache Verblindung, durch die negativen Erwartungen der Patienten und fehlender Motivation in der Sham-Bedingung vorgebeugt wird. Da auch die Sham-Bedingung zu Symptomverbesserungen geführt hat, sollte solchen Faktoren mehr Aufmerksamkeit zukommen. Leider haben die Autoren keine Kontrollgruppe ohne eine Behandlung eingeschlossen, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass weitere interventionsunabhängige Faktoren zu Verbesserungen geführt haben. Trotzdem ist diese methodisch hochwertige randomisierte kontrollierte Studie dem Evidenzniveau II zuzuordnen und erhält einen Jadad-Score von 5 Punkten. Hervorzuheben ist auch, dass die Studie weitere Evidenz für die Wirksamkeit von kognitiver Therapie bietet. Diese ist zudem effizient, da sie in der Gruppe durchgeführt werden kann, wenige Sitzungen ausreichend sind und keine Geräte benötigt werden. Wenngleich alle in der Studie untersuchten Behandlungen eine Symptomreduktion erzielten, muss doch festgehalten werden, dass weder Neurofeedback noch Gruppentherapie einer Sham-Behandlung überlegen waren.

figure 1

Aylin Mehren, M.Sc.-Psych., Oldenburg