Fragestellung: Bei Parkinson-Patienten wurden die Serumspiegel von Koffein- und Koffeinmetaboliten gemessen, um zu prüfen, ob signifikante Unterschiede zu Gesunden bestehen.

Hintergrund: Es gibt Hinweise darauf, dass hoher Koffeingenuss bei Männern das Risiko, eine Parkinson-Erkrankung zu entwickeln, reduziert. Im Mausmodell konnte zusätzlich gezeigt werden, dass Koffein gegen die nigrale Neurodegeneration bei Applikation von MPTP (1-Methyl-4-Phenyl-1,2,3,6-Tetrahydropyridin) schützt. Bisher wurden allerdings noch keine Koffeinspiegel oder Spiegel der wesentlichen Koffeinmetaboliten im Serum von Parkinson-Patienten untersucht. Hier sahen die Autoren eine Chance, neue Biomarker zur Distinktion eines frühen Parkinson-Syndroms zu finden.

Patienten und Methodik: Insgesamt wurden 31 gesunde Kontrollen (13 Männer) und 108 Patienten mit einem Parkinson-Syndrom ohne Demenz (58 Männer) untersucht. Es handelte sich um eine monozentrische Studie an der Juntendo Universität in Tokio. Die Kontrollpersonen waren die Partner der Patienten und durften keine neurologische Erkrankung aufweisen. Die Patienten wurden auf ihre motorischen und nicht motorischen Symptome und bezüglich der Kognition mittels Mini-Mental State Examination untersucht. Zudem wurden für jeden Patienten die Levodopa-Äquivalenzdosis und die Koffeinkonzentration evaluiert. Für eine Tasse Kaffee wurden 60 mg, für eine Tasse Tee 30 mg und für eine Tasse grünen Tee 20 mg Koffeinkonzentration angenommen. In einer zweiten Kohorte von 51 Gesunden (25 Männer) und 67 Patienten mit Parkinson-Erkrankung (33 Männer) wurden Genanalysen des CYP1A2 und CYP2E1 vorgenommen. Nach einer Nahrungskarenz über Nacht wurden morgens 7 ml EDTA-Blut abgenommen und der Koffeingehalt und weitere elf Koffeinmetabolite bestimmt.

Ergebnisse: Parkinson- und Kontrollpatienten hatten eine ähnliche Alters- und Geschlechterverteilung wie die Gesunden. Beim Kaffee- oder Teegenuss bestand kein signifikanter Unterschied zwischen Gesunden und Parkinson-Patienten. Die Parkinson-Patienten waren im Schnitt seit 6,5 Jahren erkrankt und hatten ein Hoehn & Yahr Stadium von 2,1 sowie einen UPDRS-Motorscore von 13,6 Punkten. Durchschnittlich tranken die Patienten etwa sechs Tassen Kaffee pro Tag, was einem totalen Koffeinkonsum von etwa 110 mg entsprach. Die Spiegel an Koffein und von nahezu allen der elf gemessenen Koffeinmetaboliten waren bei den Parkinson-Patienten signifikant niedriger als bei den gesunden Kontrollprobanden. Diese Unterschiede waren bezüglich des Koffeins hochsignifikant und wiesen für die Kontrollen einen Wert von 79,1 und für die Patienten von 23,5 auf. Ähnliche signifikante Erniedrigungen wurden bei weiteren neun Metaboliten, unter anderem Theophyllin, Theobromin und Paraxanthin, festgestellt. Die Auswertung der Hoehn & Yahr-Stadien zeigte, dass diese Unterschiede auch in den frühen Erkrankungsphasen zu beobachten waren. Es bestand keine Korrelation zur Levodopa-Äquivalenzdosis. Parkinson-Patienten mit motorischen Fluktuationen wiesen niedrigere Koffeinspiegel auf als diejenigen ohne motorische Komplikationen.

Schlussfolgerungen: Koffein und Koffeinmetaboliten waren bei Parkinson-Patienten deutlich signifikant erniedrigt, was die Option auf einen neuen Biomarker zum Nachweis der Parkinsonerkrankung eröffnet.

Kommentar von Heinz Reichmann, Dresden

Hochinteressanter Biomarker zur Analyse des Parkinson-Syndroms

Diese Arbeit stammt aus einer der besten wissenschaftlichen Einrichtungen zur Parkinson-Forschung in Japan. Ich halte diesen Biomarker als den derzeit aufregendsten metabolischen Biomarker zur Analyse des Parkinson-Syndroms. Die Analyse dieser Parameter könnte uns zum Beispiel in der Differenzialdiagnose zwischen essenziellem Tremor und Parkinsonsyndrom — was noch zu prüfen wäre — eventuell ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Da die Unterschiede hochsignifikant waren, scheint diese Methode sogar geeignet zu sein, nicht nur in der Kohorte, sondern auch im Einzelfall eine möglicherweise zuverlässige Prädiktion auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines idiopathischen Parkinson-Syndroms zu eröffnen.

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Prof. Dr. med. Heinz Reichmann, Dresden