Fragestellung: Die Studie ging der Frage nach, ob die Radiofrequenzdenervierung bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen wirksam ist.

Hintergrund: Chronische Rückenschmerzen stellen eine große Belastung dar und schränken nicht selten die Lebensqualität ein. Sie verändern den Alltag und können dazu führen, dass Betroffene schlecht schlafen, ihren Beruf nicht mehr ausüben können und aus Angst vor den Schmerzen jede Bewegung meiden. Neben Depressionen sind chronische Rückenschmerzen die häufigste Ursache für eine vorzeitige Berentung in Deutschland. Bei den meisten Patienten stehen degenerative Veränderungen der Facetten- oder Sakroiliakalgelenke als Ursache im Vordergrund, wenn Bandscheibenvorfälle ausgeschlossen werden können.

Viele Schmerztherapeuten und Orthopäden bieten zur Behandlung chronischer Rückenschmerzen die Radiofrequenzdenervierung als Therapie an. Methodisch wird so vorgegangen, dass zunächst die entsprechenden lumbosakralen Facettengelenke mit Lokalanästhetika blockiert werden und dann anschließend eine Thermokoagulation der entsprechenden Region durchgeführt wird. Dieser Eingriff wird beispielsweise in den USA bei mehr als zwei Millionen Patienten pro Jahr durchgeführt. Die Autorengruppe aus den Niederlanden wollte jetzt in einer randomisierten Studie untersuchen, ob die Radiofrequenzdenervierung bei chronischen Rückenschmerzen tatsächlich wirksam ist.

Patienten und Methodik: Die Studie bestand aus drei Substudien, wobei in einer Studie nur die Facettengelenke, in einer zweiten Studie die Sakroiliakalgelenke und in einer dritten Studie Facettengelenke, Sakroiliakalgelenke und Bandscheiben behandelt wurden. Die Studie wurde an insgesamt 16 Schmerzzentren in den Niederlanden durchgeführt. Eingeschlossen wurden Patienten, die unter chronischen Rückenschmerzen litten und bei denen die bisherige konservative Behandlung nicht ausreichend wirksam war. Bei allen Patienten wurde zunächst eine diagnostische Blockade mit Lokalanästhetika vorgenommen. Patienten, die darauf ansprachen, wurden anschließend randomisiert. Bei allen Patienten erfolgte parallel eine regelmäßige krankengymnastische Übungsbehandlung. Die Studie selbst war nicht verblindet.

Ergebnisse: Von insgesamt 5.424 Patienten, die gescreent wurden, erhielten 251 eine Radiofrequenzdenervierung der Facettengelenke, 228 Patienten der Sakroiliakalgelenke und 202 Patienten die Kombination aus Denervierung der Facettengelenke, der Sakroiliakalgelenke und der Bandscheiben. Die Studienteilnehmer waren im Mittel 52 Jahre alt, insgesamt 62 % waren Frauen und die mittlere Schmerzintensität auf einer Skala von 0 – 10 betrug 7,1. Die chronischen Rückenschmerzen hatten im Mittel bereits länger als ein Jahr bestanden. Die Beobachtungszeit nach der Behandlung erstreckte sich über zwölf Monate. Insgesamt 88 % der Patienten standen nach drei Monaten und 77 % der Patienten nach zwölf Monaten für eine Auswertung zur Verfügung. Für keine der drei Therapiegruppen ergab sich ein signifikanter Unterschied im Hinblick auf die Schmerzskalierung zwischen der Radiofrequenzdenervierung und der Kontrollgruppe mit standardisierter krankengymnastischer Übungsbehandlung. Die Schmerzintensität ging in allen sechs Therapiegruppen von 7,06 – 7,43 auf 4,38 – 4,85 zurück.

Schlussfolgerungen: In einer in den Niederlanden durchgeführten großen randomisierten Studie mit drei Therapiegruppen war die Radiofrequenzdenervierung bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen zusätzlich zu einer krankengymnastischen Übungstherapie nicht besser wirksam als das Unterlassen dieser Intervention.

Kommentar von Hans Christoph Diener, Essen

Die Behandlung chronischer Rückenschmerzen bleibt konservativ

Den Autoren der holländischen Studie muss dafür gedankt werden, dass sie in einem unglaublich aufwändigen Studiendesign drei verschiedene Methoden der Radiofrequenzdenervierung zusätzlich zu einer konservativen Therapie mit einer reinen konservativen Therapie über einen Zeitraum von zwölf Monaten untersuchten. Für alle untersuchten Schmerz- und Funktionsparameter ergab sich nach einem Jahr kein Unterschied zwischen der interventionellen und der ausschließlich konservativen Therapie.

Dieses Ergebnis hat nicht nur Konsequenzen für die Behandlung von Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, sondern sollte auch die Krankenkassen veranlassen, über die Erstattung dieses Verfahrens nachzudenken. Die Studie reiht sich nahtlos in eine ganze Serie von Studien ein, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden, und die praktisch alle zeigten, dass interventionelle Therapien bei chronischen Rückenschmerzen langfristig einer konservativen Therapie nicht überlegen sind.