Fragstellung: Unterscheiden sich die Prognose und die Größe der Blutung in der Bildgebung bei Patienten, die unter der Gabe eines Nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulans (NOAK) oder eines Vitamin-K-Antagonisten eine nicht traumatische intrazerebrale Blutung erleiden?

Hintergrund: Die gefürchtetste Komplikation einer Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern unter oraler Antikoagulation ist die intrazerebrale Blutung. Diese hat eine Mortalität zwischen 30 – 50 %.

NOAK reduzieren das Risiko einer intrazerebralen Blutung gegenüber Vitamin-K-Antagonisten um 50 – 80 %. Ob sie auch die Prognose außerhalb von randomisierten Studien verbessern, ist bisher nicht gut untersucht.

Patienten und Methodik: Es handelt es sich um eine prospektive Fallserie aus 13 Schlaganfallzentren in den USA über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Erfasst wurden konsekutive Patienten mit einer nicht traumatischen antikoagulanzieninduzierten intrazerebralen Blutung (ICH).

Ergebnisse: In das prospektive Register gingen 161 Patienten ein, mit einem mittleren Alter von 76 Jahren. 58 % der Patienten waren Männer und der mediane Schlaganfall-Score (NIHSS) betrug 13 Punkte. Patienten die unter einem NOAK beziehungsweise unter einem Vitamin-K-Antagonisten eine intrazerebrale Blutung erlitten hatten, unterschieden sich nicht in demografischen Parametern, vaskulären Risikofaktoren und dem Risiko eines Schlaganfalls oder einer Blutung, gemessen mit dem CHA2DS2-VASc-Score oder dem HAS-BLED-Score.

Patienten, die unter einem NOAK eine intrazerebrale Blutung erlitten, hatten geringere neurologische Ausfälle mit einem medianen NIHSS-Score von 8, verglichen mit einem NIHSS-Score von 15 unter Vitamin-K-Antagonisten, eine geringere Größe des Blutungsvolumen mit 12,8 versus 24,3 cm3 und einen niedrigeren ICH-Score. In einer multivariaten Analyse war die Gabe von NOAK mit einem geringeren Blutungsvolumen und einer geringen Schwere der intrazerebralen Blutung assoziiert. Das Ausmaß der Behinderung nach drei Monaten war bei Patienten, die unter NOAK eine intrazerebrale Blutung hatten, signifikant geringer als bei Patienten, die mit einem Vitamin-K-Antagonisten behandelt worden waren. Die Sterblichkeit nach drei Monaten betrug 21,7 % in der NOAK-und 36,3 % in der Kontrollgruppe.

Die Autoren führten darüber hinaus eine Metaanalyse der bisher publizierten Studien zu dieser Fragestellung durch. Dabei fanden sie eine signifikante Reduktion des initialen Blutungsvolumens beim Vergleich zwischen NOAK und Vitamin-K-Antagonisten, eine signifikante Reduktion der Sterblichkeit im Krankenhaus und einen starken Trend für eine geringere Zunahme des Hämatomvolumens im Follow-up.

Schlussfolgerungen: Patienten mit Vorhofflimmern, die unter Antikoagulanzien eine intrazerebrale Blutung erleiden, haben ein geringeres Blutungsvolumen, weniger neurologische Ausfälle und eine bessere Prognose, wenn sie mit NOAK behandelt werden, im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Im Falle einer intrazerebralen Blutung bessere Prognose unter NOAK

Die vorliegende Registerstudie aus 13 Schlaganfallzentren in den USA untersuchte die Prognose von nicht traumatischen intrazerebralen Blutungen unter oralen Antikoagulanzien bei Patienten mit Vorhofflimmern. Ähnlich wie eine entsprechende Studie aus den USA und eine Studie aus Japan fanden die Autoren, dass Patienten, die mit NOAK behandelt waren, ein geringeres Blutungsvolumen, geringere neurologische Ausfälle und eine reduzierte Mortalität aufweisen, im Vergleich zu Patienten, die mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt wurden. Dies wäre ein weiteres Argument für eine Antikoagulation mit NOAK, verglichen mit Vitamin-K-Antagonisten. Die NOAK reduzieren also offenbar nicht nur die Inzidenz von intrazerebralen Blutungen, sondern verbessern die Prognose, wenn es tatsächlich zu einer intrazerebralen Blutung kommt. Das Gesamtbild wird sich in Zukunft noch dramatisch ändern, wenn nicht nur für Dabigatran ein spezifisches Antidot zur Verfügung steht, sondern auch für die Faktor-Xa-Hemmer.

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Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen