Fragestellung: Verbessert eine kollaborative Versorgung durch Case Manager (psychiatrische Fachpflegekraft/Psychologe, Hausarzt und Psychiater) Symptome bei subklinischer/leichtgradiger Depression im Alter beziehungsweise verhindert sie das Auftreten des Vollbildes einer Depression?

Hintergrund: Es existiert kaum Evidenz für die Behandlung subsyndromaler Depressionsformen im Alter. Auch bei leichtgradiger Depression wird zumeist „watchful waiting“ empfohlen und nicht in erster Linie medikamentös behandelt. Es ist auch nicht definitiv gesichert, welcher Form der psychotherapeutischen Intervention der Vorzug zu geben ist.

Patienten und Methodik: Die randomisierte klinische Studie über dreieinhalb Jahre schloss Patienten über 65 Jahre mit subsyndromaler Depression ein. Die Nachbeobachtungszeit betrug zwölf Monate. Die Teilnehmer erhielten ein eigens entwickeltes und evaluiertes, auf ältere Patienten zugeschnittenes, strukturiertes, verhaltenstherapeutisch orientiertes Kurzprogramm („behavioral intervention“), vermittelt durch einen speziell trainierten und supervidierten Case Manager, der mit dem jeweils behandelnden Hausarzt und Psychiater in Kontakt stand. Das Programm adressierte typische depressive Symptome, wie etwa sozialen Rückzug und Anhedonie. Die erste Sitzung erfolgte persönlich, die weiteren telefonisch (durchschnittliche Dauer sechs Wochen mit einmal wöchentlichen Kontakten). Die Kontrollgruppe erhielt eine übliche hausärztliche Behandlung. Primäres Zielkriterium war der selbstberichtete Depressionsschweregrad anhand des 9-Item-Patient-Health-Questionnaires (PHQ-9) nach vier Monaten. Zu mehreren sekundären Zielkriterien zählte der PHQ-9-Punktwert nach zwölf Monaten sowie der Anteil an Probanden, die nach vier und zwölf Monaten die Kriterien einer depressiven Störung (PHQ-9-Punktwert ≥ 10) erfüllten.

Ergebnisse: Es wurden 705 Patienten (Altersdurchschnitt 77 ± 7,1 Jahre, 58 % Frauen) untersucht. Die 344 Teilnehmer der Interventionsgruppe zeigten nach vier Monaten signifikant niedrigere PHQ-9-Scores, verglichen mit der Kontrollgruppe (5,36 vs. 6,67 Punkte, p < 0,001). Der Unterschied war ebenfalls noch nach zwölf Monaten nachweisbar (5,93 vs. 7,25). Der Anteil der Teilnehmer, die nach vier Monaten Beobachtungszeit die vollen Depressionskriterien erfüllten, lag in der Interventions- versus der Kontrollgruppe bei 17,2 % (45/262) versus 23,5 % (76/324). Der Unterschied war mit einer mittleren Differenz von -6,3 % nicht signifikant. Nach zwölf Monaten waren es 15,7 % versus 27,8 % (mittlere Differenz -12,1 %, p = 0,01).

Schlussfolgerungen: Die kollaborative Behandlung subsyndromaler Depressionen bei älteren Menschen erbrachte im Vergleich zur herkömmlichen hausärztlichen Behandlung eine statistisch signifikante Reduktion depressiver Symptome nach vier und auch noch nach zwölf Monaten. Die Progression zu einem depressiven Vollbild wurde nicht beeinflusst.

Kommentar von Christian Lange-Asschenfeldt, Düsseldorf

Über die klinische Relevanz lässt sich nur spekulieren

Dass eine mehrwöchige, wie auch immer geartete multiprofessionell ausgelegte psychotherapeutische Intervention bei subsyndromal bis leichtgradig Erkrankten, die freiwillig in eine solche Studienteilnahme einwilligen, Depressionssymptome reduziert, überrascht nicht. Dass dieser Effekt nach vier und zwölf Monaten stabil ist, ist schon eher bemerkenswert. Allerdings hält sich der absolute Effekt trotz statistischer Signifikanz in Grenzen. Über die klinische Relevanz kann daher nur spekuliert werden, wie die Autoren selbst andeuten. Immerhin handelt es sich aber um keine aufwendige und eher kostengünstige, leicht zu implementierende Behandlung.

Es ist verdienstvoll, aber nicht einfach, sich der Untersuchung der subsyndromalen Depression im höheren Lebensalter anzunehmen, denn es handelt sich hierbei um eine sehr heterogene Klientel. Oft genug liegen lebensgeschichtliche Ereignisse, Rollenwechsel oder andere Umstände zugrunde, deren supportive Begleitung zielführender sein kann, als eine Intervention, die allein auf die Symptome abzielt. Zu untersuchen wäre also, welcher Betroffene eventuell besser auf welche Kurztherapieform anspricht.

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Prof. Dr. med. Christian Lange-Asschenfeldt, Düsseldorf