Bei spinaler Muskelatrophie (SMA) kommt es zum kontinuierlichen Untergang von Motoneuronen im Rückenmark, das heißt, progredienter Schwäche der — auch an grundlegenden Lebensfunktionen — beteiligten Muskulatur. Mutationen oder Deletionen im SMN1-Gen sind dafür verantwortlich, dass SMA-Patienten zu wenig des für das Überleben von Motoneuronen essenziellen SMN-Proteins bilden.

Der Verlauf der Erkrankung ist sehr unterschiedlich: Bei Patienten mit SMA Typ 1 (akut, Werdnig-Hoffmann) fällt schon in den ersten Lebensmonaten fortschreitende rumpfnah betonte Schlaffheit und Muskelschwäche auf. Die Kinder werden nie sitzfähig und sterben noch vor Vollendung des zweiten Lebensjahres durch Versagen der Atemmuskulatur, berichtete Professor Janbernd Kirschner, Leitender Oberarzt, Klinik für Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen, Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Freiburg.

Der SMA-Typ-II (Intermediärtyp) manifestiert sich vor dem 18. Lebensmonat. Hier werden die Kinder sitzfähig, können aber nie (frei) stehen, so Kirschner. Beim MSA Typ III (Chronisch, Kugelberg-Welander) treten erste Symptome zwischen dem dritten und 30. Lebensjahr auf, er verläuft mild und schränkt die Lebenserwartung kaum ein. Immer benötigen die Patienten abhängig vom Schweregrad eine Therapie der gastrointestinalen, respiratorischen, aber auch orthopädischen Symptome und Hilfe bei der Bewältigung der psychosozialen Aspekte, so Kirschner.

Mit Nusinersen (Spinraza®) hat das erste Arzneimittel vom CMPH im Rahmen des beschleunigten Prüfverfahrens der EMA eine positive Empfehlung zur Erteilung der Marktzulassung zur Behandlung der SMA erhalten, nachdem es in Studien nicht nur eine klinisch relevante Wirksamkeit, sondern auch ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis gezeigt hatte. Die Substanz wird als 2,4-mg/ml-Lösung zur Injektion erhältlich sein. Nusinersen gehört zu den sogenannten Antisense-Oligonukleotiden (ASO), das heißt kurzen synthetischen Nukleotidketten, die selektiv an eine Ziel-RNA binden und die Genexpression regulieren. Nusinersen moduliert laut Krischner das Spleißen der prä-RNA des SMN2-Gens, so dass in größeren Mengen vollständiges SMN-Protein gebildet wird.