Fragestellung: Wie häufig lässt sich klinisch stummes Vorhofflimmern bei Patienten mit überwiegend nicht kardioembolischen Schlaganfällen nachweisen?

Hintergrund: Etwa 20 % aller ischämischen Schlaganfälle sind kardioembolisch bedingt, wobei bei den meisten Patienten ein vorbestehendes Vorhofflimmern bekannt ist. Studien, in denen ein Langzeit-EKG-Monitoring bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall durchgeführt worden war, zeigten, dass bei diesen Patienten mit einer Häufigkeit von 10 – 15 % pro Jahr klinisch stummes paroxysmales Vorhofflimmern nachgewiesen werden kann. Dies hat therapeutische Konsequenzen bezüglich einer oralen Antikoagulation.

Professor Dr. Rolf Wachter, Kardiologe in Göttingen, und Privatdozent Dr. Klaus Gröschel, Schlaganfall-Neurologe in Mainz, hatten die interessante Idee, im Rahmen einer klinischen Studie zu überprüfen, wie häufig klinisch stummes paroxysmales Vorhofflimmern bei Patienten mit nicht kardioembolischen Schlaganfällen nachzuweisen ist.

Patienten und Methodik: Es handelte sich um eine offene randomisierte Studie, die in Göttingen, Mainz, Würzburg und Sande durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurden Patienten im Alter über 60 Jahren, die einen akuten ischämischen Insult erlitten hatten, im Aufnahme-EKG einen Sinusrhythmus zeigten und keine Vorgeschichte von Vorhofflimmern hatten. Die einzigen Ausschlusskriterien waren bekannte kardiale Emboliequellen oder hochgradige ipsilaterale Karotisstenosen.

Bei den Patienten in der aktiven diagnostischen Gruppe wurde nach dem akuten Ereignis sowie nach drei und nach sechs Monaten jeweils ein zehntägiges Holter-Monitoring durchgeführt.

In der Kontrollgruppe erfolgte eine Standarddiagnostik mit mindestens 24-stündiger EKG-Aufzeichnung. Der primäre Endpunkt war das Auftreten von Vorhofflimmern oder Vorhofflattern.

Ergebnisse: In die Studie wurden 398 Patienten rekrutiert, die im Mittel 72 Jahre alt waren. Bei 95 % der Patienten war ein Schlaganfall aufgetreten. Bei etwa der Hälfte dieser Patienten lag ein kryptogener Schlaganfall vor.

Nach sechs Monaten ließ sich bei 14 % der 200 Patienten in der intensiven EKG-Monitoring-Gruppe Vorhofflimmern nachweisen, verglichen mit 5 % in der Kontrollgruppe (27/200 vs. 9/198 Patienten). Dies entspricht einer absoluten Differenz von 9 %, die statistisch signifikant war, und einer Number needed to Screen von 11.

Schlussfolgerungen: Bei Patienten mit ischämischem Insult ohne vorbekanntes Vorhofflimmern lässt sich durch ein intensives EKG-Monitoring in einem Zeitraum von sechs Monaten bei bis zu 15 % aller Patienten klinisch stummes paroxysmales Vorhofflimmern nachweisen.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Innovativer und bisher einmaliger Ansatz

Diese Studie ist sehr innovativ und einmalig dahingehend, dass zum ersten Mal ein systematisches Langzeit-EKG-Monitoring bei Schlaganfallpatienten erfolgte, bei denen kein Vorhofflimmern in der Vorgeschichte bekannt war. In der Studie hatten 50 % der Patienten einen nicht kryptogenen Schlaganfall. Die Konsequenzen aus dieser Studie sind, dass ganz offenbar doch deutlich mehr Patienten mit nicht kardioembolischen Schlaganfällen Vorhofflimmern aufweisen oder entwickeln, wenn sie lang genug monitoriert werden. Ob dies notwendigerweise jeweils mit einem 10-Tage-EKG-Monitoring erfolgen muss, oder ob regelmäßige Pulskontrollen ebenfalls ausreichend wären, ist bisher nicht bekannt. Die Ergebnisse haben therapeutische Konsequenzen, da bei identifiziertem Vorhofflimmern die Patienten antikoaguliert werden. Sollten allerdings die Ergebnisse der derzeitig laufenden randomisierten Studien zu Patienten mit kryptogenem Schlaganfall positiv sein, bei denen Nicht-Vitamin-K abhängige orale Antikoagulanzien (NOAK) mit Acetylsalicylsäure verglichen werden, dürfte das Langzeit-EKG-Monitoring zumindest bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall und ESUS (Embolic Stroke of Undetermined Source) obsolet werden, da diese Patienten dann antikoaguliert werden.

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Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen