Fragestellung: Welches der derzeitigen Prognoseinstrumente ist am besten geeignet, das Risiko eines frühen Schlaganfalls nach einer TIA vorauszusagen?

Hintergrund: Transiente ischämische Attacken (TIA) sind Warnzeichen eines ischämischen Insults. Innerhalb der ersten sieben Tage erleiden 5–10 % aller Patienten einen Schlaganfall. Für die Dringlichkeit einer stationären Abklärung und Initiierung einer aggressiven Sekundärprävention ist es daher wichtig, die Patienten zu identifizieren, die ein hohes Schlaganfallrisiko haben. Zur Erfassung dieser Patienten wurde ursprünglich der ABCD2-Score eingeführt, der Alter, Blutdruck, Art der klinischen Symptome, Dauer der neurologischen Ausfälle und Diabetes mellitus erfasst. Der ABCD3-Score wurde durch die Ergebnisse der zerebralen Bildgebung, insbesondere der Kernspintomografie ergänzt. Der ABCD2-I-Score berücksichtigt den Nachweis eines ischämischen Areals mithilfe der diffusionsgewichteten Bildgebung. Eine weitere Entwicklung ist der ABCD3-I Score, der 0 bis 13 Punkte hat und weitere frühere TIA erfasst sowie die Ergebnisse der Bildgebung des Gehirns und der Karotiden. So werden auch hochgradige Karotisstenosen erfasst.

Patienten und Methodik: Es handelt sich um eine gepoolte Analyse individueller Patientendaten von 16 Kohortenstudien, die in Europa, den USA und Asien durchgeführt wurden und bei denen ein prospektives Follow-up erfolgte. Die Patienten wurden alle durch Schlaganfallspezialisten erfasst, entweder im Krankenhaus in Notaufnahmen oder in speziellen TIA-Ambulanzen. Verglichen wurden die drei oben genannten Scores.

Ergebnisse: Es lagen Daten von 2.176 Patienten aus den Jahren 2005 bis 2015 vor. Ein erhöhtes Schlaganfallrisiko hatten Patienten mit Nachweis einer Ischämie in der diffusionsgewichteten Bildgebung (Odds Ratio 3,8), Patienten mit zwei TIA (Odds Ratio 3,3) und einer ipsilateralen signifikanten Karotisstenose (Odds Ratio 4,7). Das 7-Tage-Schlaganfall-Risiko konnte am besten mit dem ABCD3-I Score identifiziert werden. Die Voraussagewahrscheinlichkeit nahm gegenüber dem ABCD2-I Score um 33 % zu.

Schlussfolgerungen: Der beste Score, um das Schlaganfallrisiko nach einer TIA vorauszusagen, ist der ABCD3-I-Score, der weitere TIA, zerebrale Bildgebung und Bildgebung der Karotiden einschließt.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Die Schlaganfallvorhersage ist relativ einfach

Die Daten von 16 prospektiv erfassten Kohorten mit Follow-up von Patienten mit TIA zeigen, dass es relativ einfach möglich ist, Patienten zu identifizieren, die ein besonders hohes Risiko haben, in den nächsten drei bis sieben Tagen einen Schlaganfall zu erleiden. Dies ist insbesondere für Länder wichtig, in denen es nicht wie in Deutschland möglich ist, alle Patienten mit einer TIA stationär aufzunehmen und diagnostisch abzuklären. Für deutsche Verhältnisse ist allerdings relevant, dass Patienten mit einem hohen ABCD3-I-Score die frühe Initiierung einer möglichst optimalen Sekundärprävention benötigen. Dies betrifft insbesondere die frühe Operation oder das Stenting einer symptomatischen Karotisstenose.