Fragestellung: Führt der COX-2-Hemmer Celecoxib zu einem erhöhten Risiko kardiovaskulärer Ereignisse?

Hintergrund: Die klassischen nicht steroidalen Antirheumatika wurden in den 1960er-Jahren in die Therapie rheumatischer Erkrankungen sowie degenerativer Gelenkerkrankungen und Rückenschmerzen eingeführt. Die klassischen nicht steroidalen Antirheumatika wie Ibuprofen oder Naproxen hemmen sowohl die Cyclooxygenase-1 (COX-1) als auch die Cyclooxygenase-2 (COX-2). Die COX-1-Wirkung ist für Gastritis und die Neigung zu Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren verantwortlich. Daher wurden selektive COX-2-Hemmer entwickelt, welche die analgetischen und anti-inflammatorischen Eigenschaften der nicht steroidalen Antirheumatika haben sollten, ohne deren gastrointestinale Nebenwirkungen. In den Zulassungsstudien zu Rofecoxib wurde allerdings ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Ereignisse beobachtet und das Medikament dann auf Drängen der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA 2004 vom Markt genommen. Das geschah auch mit den anderen COX-2-Hemmern, mit Ausnahme von Celecoxib. Die FDA verlangte dann aber eine Langzeitsicherheitsstudie zum Einsatz von Celecoxib verglichen mit Naproxen und Ibuprofen.

Patienten und Methodik: In die PRECISION-Studie (Prospective Randomized Evaluation of Celecoxib Integrated Safety versus Ibuprofen or Naproxen) wurden Patienten eingeschlossen, die eine Langzeittherapie einer Osteoarthritis oder einer rheumatoiden Arthritis benötigten und ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko hatten. Der primäre Outcome der Studie war die Kombination aus kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Myokardinfarkt und nicht tödlichem Schlaganfall. Außerdem wurden gastrointestinale und renale Nebenwirkungen erfasst.

Ergebnisse: In die Studie wurden 24.081 Patienten eingeschlossen. Die mittlere Tagesdosis in der Celecoxib-Gruppe betrug 209 mg, in der Naproxen-Gruppe 852 mg und in der IbuprofenGruppe 2.045 mg. Die mittlere Behandlungszeit lag bei 20 Monaten und die mittlere Beobachtungszeit bei 34 Monaten. Während der Studie beendeten nahezu 70 % der Patienten die Medikamenteneinnahme und 27 % der Patienten brachen die Studie ab.

Der primäre Endpunkt trat bei 188 Patienten in der Celecoxib-Gruppe auf, entsprechend 2,3 %, bei 201 Patienten in der Naproxen-Gruppe, entsprechend 2,5 %, und bei 218 Patienten in der Ibuprofen-Gruppe, entsprechend 2,7 %. Diese Unterschiede waren statistisch nicht signifikant. Auch in der On-treatment-Analyse ergaben sich keine signifikanten Unterschiede.Das Risiko gastrointestinaler Ereignisse war allerdings mit Celecoxib signifikant geringer als unter einer Behandlung mit Naproxen oder Ibuprofen. Nebenwirkungen im Bereich der Niere waren signifikant seltener mit Celecoxib verglichen mit Ibuprofen, aber nicht beim Vergleich zwischen Celecoxib und Naproxen.

Schlussfolgerungen: Bei der Therapie einer Osteoarthritis oder einer rheumatoiden Arthritis unterscheidet sich Celecoxib bezüglich kardiovaskulärer Ereignisse nicht von einer Behandlung mit den klassischen nicht steroidalen Antirheumatika Naproxen oder Ibuprofen.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Die Studie erlaubt eine valide wissenschaftliche Aussage

Die Ergebnisse der PRICISION-Studie sind auch für Neurologen, die in der Schmerztherapie tätig sind, von großer Bedeutung. Celecoxib ist der einzige noch verbliebene COX-2-Hemmer, der insbesondere bei Schmerzpatienten zum Einsatz kommt, die unter klassischen nicht steroidalen Antirheumatika gastrointestinale Nebenwirkungen aufwiesen oder bei denen eine Vorgeschichte mit Gastritis oder Duodenal- beziehungsweise Magenulcera besteht. Insgesamt sind die Ergebnisse dieser Studie überraschend, da es bei den anderen COX-2-Hemmern zu einem erhöhten kardiovaskulären Risiko gekommen war.

Grundsätzlich ist die Therapieentscheidung bei Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko und Gelenk- und Rückenschmerzen schwierig, da sowohl die klassischen nicht steroidalen Antirheumatika als offenbar auch Celecoxib das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen leicht erhöhen. Bleiben diese Patienten aber unbehandelt, kann ihre Bewegungsfähigkeit durch die Schmerzen so stark beeinträchtigt sein, das durch den Bewegungsmangel das Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen erhöht wird.

Die PRECISION-Studie hat viele methodische Mängel, unter anderem haben beispielsweise 70 % der Patienten während der Studie die Medikamenteneinnahme abgebrochen. Dessen ungeachtet ist die Zahl der verbliebenen Patienten und Outcomes groß genug, um eine valide wissenschaftliche Aussage zu treffen.