Fragestellung: Ist eine zwölfwöchige orale Antibiose mit Doxycyclin oder mit der Kombination Clarithromycin plus Hydrochloroquin im Anschluss an eine zweiwöchige intravenöse Ceftriaxon-Therapie zur Behandlung der chronischen Borreliose wirksam?

Hintergrund: Ein Teil der Patienten, die initial wegen einer Borreliose antibiotisch behandelt wurden, klagt über weiterhin bestehende Symptome, vor allem Schmerzen, Müdigkeit und kognitive Störungen. Dieses Beschwerdebild wird als chronische Borreliose bezeichnet. Die Ergebnisse einiger in den USA durchgeführter Studien hatten darauf hingewiesen, dass eine Langzeitantibiose die Symptomatik bei diesen Patienten nicht verbessert. In den Niederlanden wurde nun erneut eine randomisierte kontrollierte Studie durchgeführt, die den Nutzen einer antibiotischen Kurzzeittherapie mit dem einer Langzeitantibiose verglich.

Patienten und Methodik: In die randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie wurden Patienten mit einer chronischen Borreliose eingeschlossen, die über entsprechende Symptome klagten und bei denen ein positiver IgG- oder IgM-Titer für Borrelia burgdorferi nachgewiesen wurde. Alle Studienteilnehmer erhielten initial über einen Zeitraum von zwei Wochen intravenös Ceftriaxon in einer Dosierung von 2.000 mg täglich. Im Anschluss daran wurden die Patienten randomisiert und erhielten über einen Zeitraum von zwölf Wochen entweder zweimal täglich 100 mg Doxycyclin oder zweimal täglich 500 mg Clarithromycin plus 200 mg Hydrochloroquin. Die Vergleichsgruppe erhielt Placebo.

Der primäre Studienendpunkt war die gesundheitsbezogene Lebensqualität, die mit der RAND-36-Health-Status-Inventory-Skala gemessen wurde. Diese Skala umfasst Werte zwischen 15 und 61, wobei höhere Werte eine bessere Lebensqualität bedeuten.

Ergebnisse: Insgesamt wurden in die Studie 280 Patienten eingeschlossen. Die am häufigsten geklagten Beschwerden waren Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Missempfindungen, Müdigkeit und kognitive Einschränkungen. Die Symptome bestanden bereits seit durchschnittlich zweieinhalb Jahren. Alle Patienten waren bereits über einen Zeitraum von im Mittel 30 bis 40 Tagen antibiotisch vorbehandelt worden.

Am Ende der doppelblinden Behandlungszeit waren die Werte der RAND-36-Skala zwischen den Therapiegruppen nicht unterschiedlich. In den beiden Studiengruppen kam es allerdings zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität, unabhängig davon, ob die Patienten mit Antibiotika oder Placebo behandelt wurden. Die medikamentöse Therapie wurde gut vertragen. In der mit Clarithromycin plus Hydrochloroquin behandelten Gruppe kam es vermehrt zu Hautausschlag und in der mit Doxycyclin behandelten Gruppe zu vermehrter Lichtempfindlichkeit der Haut.

Schlussfolgerungen: Bei Patienten mit persistierenden Beschwerden nach einer Infektion mit Borrelia burgdorferi ist eine Langzeitantibiose nicht in der Lage, die Lebensqualität zu verbessern.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Die Untersuchung immunmodulatorischer Ansätze könnte sinnvoll sein

Es gibt jetzt nicht nur aus den USA [1] sondern auch aus Europa randomisierte Studien die eindeutig zeigen, dass bei Patienten mit persistierenden Beschwerden nach einer Borrelioseinfektion eine Langzeitantibiose einer Placebotherapie nicht überlegen ist. Es war wichtig, diese Studie auch in Europa durchzuführen, da die Borrelien sich in Europa biologisch und genetisch von denen in den USA unterscheiden. Die persistierenden Symptome bei Patienten, die eine Borrelieninfektion durchgemacht haben, müssen unter Umständen entweder als eine Somatisierungsstörung betrachtet werden oder als eine späte immunologische Reaktion, die einer Antibiose nicht zugänglich ist. Leider ist bisher nie versucht worden, ob die anhaltenden Beschwerden nach einer Borrelioseinfektion auf eine immunmodulatorische Therapie ansprechen.

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Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen