Viele Patienten mit Depressionen erhalten neben Antidepressiva zusätzlich Medikamente zur Behandlung weiterer somatischer, teils chronischer Erkrankungen. „Das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen durch Arzneimittelinteraktionen steigt mit der Anzahl an kombinierten Substanzen ins Astronomische, keine Datenbank der Welt kann alle möglichen Wechselwirkungen erfassen“, so Dr. Gabriel Eckermann, Facharzt für Psychiatrie, Psychopharmakologie und Arzneimittelsicherheit, Kaufbeuren.

Mit dem selektiven serotonergen und noradrenergen Wiederaufnahmehemmer Milnacipran (MILNAneuraX®) ist ein Antidepressivum erhältlich, das laut Eckermann „nicht über das Labyrinth des Cytochrom-P450-Systems“ metabolisiert wird. Durch die überwiegend unveränderte renale Elimination des Wirkstoffs beeinflusse Milnacipran weder den Metabolismus noch die Elimination anderer Substanzen. Eine Dosisanpassung bei einer Leberstörung sei daher nicht nötig.

Zugelassen wurde der SSNRI zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer Episoden einer Major Depression bei Erwachsenen. „Besonders gut geeignet ist die Substanz bei multimorbiden Patienten mit Leberproblemen, Übergewicht, Diabetes oder auch bei Fibromyalgie“, bestätigte Professor Siegfried Kasper, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Wien, aus seiner eigenen langjährigen Erfahrung mit dem in Österreich seit 1997 verfügbaren Medikament. Bei niereninsuffizienten Patienten sei allerdings Vorsicht geboten, eine Bestimmung des Wirkstoffspiegels könne helfen, die Dosis anzupassen. Bei der generellen Dosiseinstellung rät Kasper, mit zweimal 25 mg pro Tag zu beginnen. Die Dosierung könne bis auf 200 mg gesteigert werden, solle aber mindestens 100 mg täglich betragen. In einer Metaanalyse [Lopez-Ibor J et al. Int Clin Psychopharmacol 1996; 11 Suppl 4: 41 – 6] zeigte Milnacipran signifikant bessere Ansprechraten (Symptomverbesserung > 50 %) als Fluoxetin und Fluvoxamin. Auch die Remissionsraten waren mit Milnacipran signifikant höher als unter SSRI-Gabe. Häufigste Nebenwirkungen (< 10 %) unter Milnacipran sind Kopfschmerzen und Übelkeit.