Bei Patienten mit MS sind vermutlich aktivierte CD20-positive B-Zellen an der Schädigung des Myelins und der Axone beteiligt. Die B-Zelle – zusätzlich zur T-Zelle – als Therapieansatz zu wählen, wäre nach Ansicht von Professor Orhan Aktaş, Düsseldorf, kein Paradigmenwechsel, sondern eine Paradigmenerweiterung. Der monoklonale Antikörper Ocrelizumab bindet wie Rituximab an CD20-positive B-Zellen, allerdings an ein anderes Epitop der großen extrazellulären Schleife von CD20 [Genovese MC et al. Arthritis Rheum 2008; 58: 2652 – 61; Cang S et al. J Hematol Oncol 2012; 5: 64]. Diese Bindung führt zu einer Depletion CD20-positiver B-Zellen in der Peripherie. Da nur etwa 2 % der B-Zellen im Blut zirkulieren, verbleiben sehr viele B-Zellen in Milz und Knochenmark; demzufolge bleibt die Immunität der Patienten erhalten, sagte PD Dr. Björn Tackenberg, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Marburg. Die B-Zell-Lyse durch Ocrelizumab wird über verschiedene Mechanismen vermittelt [Jaglowski SM et al. Blood 2010; 116: 3705 – 14]:

  • Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC),

  • Antikörperabhängige zellvermittelte Phagozytose (ADCP),

  • Komplementabhängige Zytolyse (CDC) und

  • Apoptose über direkte Zytotoxizität durch Ligandenbindung.

Unter der Ocrelizumab-Therapie kommt es zu einer signifikanten Abnahme der jährlichen Schubrate (unter Ocrelizumab 600 mg: 80 %, p = 0,0005; unter Ocrelizumab 2.000 mg: 73 %, p = 0,0014) und der Gd+-Läsionen (nach 24 Wochen: unter 600 mg Ocrelizumab um 89 %, p < 0,0001, unter 2.000 mg um 96 % geringer als unter Placebo, p < 0,0001), so die Ergebnisse einer Phase-II-Studie [Kappos L et al., Lancet 2011, 378: 1779 – 87]. Tackenberg betonte, er sei überrascht, dass die MRT-Ergebnisse so eindeutig seien.