Bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) schreitet der Gewebeverlust im Gehirn und Rückenmark rascher voran als in der Normalbevölkerung. Die Hirnatrophierate ist mit 0,5 % bis 1,0 % pro Jahr etwa fünf- bis zehnmal höher als bei gesunden Kontrollpersonen mit 0,1 % bis 0,3 % [Bermel RA & Bakshi R, Lancet Neurol 2006; 5 (2): 158 — 70]. Der Verlust ist gekennzeichnet durch im MRT nachweisbare Läsionen sowie durch diffuse Veränderungen der weißen und den Abbau der grauen Substanz. Er korreliert mit der Progression der Behinderung und kognitiven Defiziten.

Weil der Volumenverlust bereits früh im Verlauf der Erkrankung beginnt, ist die Hirnatrophie ein wichtiger prognostischer Marker der MS, der bereits im frühen Stadium der Erkrankung einen Nachweis des neuronalen Abbaus ermöglicht, erläuterte Professor Eva Havrdová, Karls-Universität Prag. Die Messung der Hirnatrophie spielt deshalb zunehmend eine wichtige Rolle, um die neuroprotektiven Effekte von Medikamenten auf das Hirn zu ermitteln. Neben der Freiheit von Schüben, Behinderungsprogression und MRT-Aktivität wird für das Behandlungsziel „Freiheit von Krankheitsaktivität“ (no evidence of disease activity, NEDA-3) daher zunehmend auch die Hirnatrophierate (≤ 0,4 %/Jahr) als vierter Parameter im Sinne eines NEDA-4-Konzepts herangezogen.

Als Medikament, das seine Wirkung auf alle vier Kriterien der Krankheitsaktivität nachgewiesen hat, steht der orale Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator Fingolimod (Gilenya®) zur Verfügung. Das zeigt erneut eine aktuelle Post-hoc-Analyse der 2-Jahresdaten der Studie FREEDOMS [De Stefano N et al. AAN 2015; Poster P3.246], die Dr. Jaume Sastre-Garriga, vom MS-Centre of Catalonia, Barcelona, während der 1. EAN-Tagung in Berlin vorstellte. Patienten, die trotz einer krankheitsmodifizierenden Behandlung eine hohe Krankheitsaktivität zeigten, erreichten unter Fingolimod eine bis zu sechsmal höhere Wahrscheinlichkeit für NEDA-4 verglichen mit Placebo (Odds Ratio 6,35; 95 %-KI: 3,02 — 13,35; p < 0,0001).