Fragestellung: Erhöht die Kombination von Antidepressiva mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) das Risiko intrakranieller Blutungen?

Hintergrund: Depressionen zählen zu den häufigsten Erkrankungen. Einige Antidepressiva, insbesondere selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind auch gleichzeitig Thrombozytenfunktionshemmer und können das Blutungsrisiko erhöhen. Das erhöhte Blutungsrisiko unter NSAR ist bekannt. Es konnte gezeigt werden, dass die Kombination von SSRI und NSAR das Risiko gastrointestinaler Blutungen erhöht. Gute Studien zur Häufigkeit von intrakraniellen Blutungen in der Kombinations- versus Monotherapie fehlten bisher.

Patienten und Methodik: Die Autoren aus Korea griffen auf das nationale Krankenkassenregister aus Korea im Zeitraum zwischen 2009 und 2013 zurück. Zunächst wurden 5.168.833 Patienten identifiziert, die innerhalb des letzten Jahres mit einem Antidepressivum behandelt worden waren. Davon hatten 2.404.054 die Kombination eines Antidepressivums mit einem NSAR und 2.764.779 ein Antidepressivum als Monotherapie erhalten. Anschließend wurden die beiden Populationen bezüglich der wichtigsten Blutungsprädiktoren wie Alter, Geschlecht, Komorbiditäten und andere Medikamente gematcht. Für den Vergleich standen 2.072.613 Patienten in der Kombinations- und 2.072.613 Patienten in der antidepressiven Monotherapie zur Verfügung. Der primäre Endpunkt war die Klinikaufnahme wegen intrakranieller Blutungen innerhalb von 30 Tagen nach Therapiebeginn.

Ergebnisse: Die Patienten waren im Mittel 52 Jahre alt (39 % Männer). In der Gruppe, die nur Antidepressiva erhielt, traten 169 intrakranielle Blutungen auf, in der Gruppe, die Antidepressiva und NSAR erhielt, 573 Blutungen (adjustierte Hazard Ratio 1,6, signifikant). Das erhöhte Risiko zeigte sich sowohl für trizyklische Antidepressiva als auch für SSRI. Für selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer war das Risiko intrakranieller Blutungen nicht erhöht.

Schlussfolgerungen: Die Kombination von Antidepressiva mit NSAR erhöht das Risiko intrakranieller Blutungen.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Das absolute Risiko ist nur gering erhöht

Der Titel der Arbeit erschreckt zunächst Psychiater und Neurologen, Hausärzte und Internisten, da zunächst der Eindruck erweckt wird, dass die Kombination von Antidepressiva und NSAR ein hohes Risiko für intrakranielle Blutungen trägt. Die absoluten Zahlen sind allerdings sehr gering. Für den klinischen Alltag bedeutet dies allerdings, dass man die Interaktion bei Patienten, die antikoaguliert sind, oder Patienten, die bereits eine intrakranielle Blutung in der Vorgeschichte hatten, vorsichtig sein sollte. Bei diesen Patienten macht es möglicherweise Sinn, einen selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer zu verwenden, und anstelle von NSAR bei chronischen Rückenschmerzen beispielsweise Gabapentin oder Pregabalin. Die Studie zeigt aber auch, dass seltene Medikamenteninteraktionen und Komplikationen nur durch die Auswertung nationaler Krankenregister möglich sind, wie sie in Schweden, Dänemark und Korea existieren. Leider gibt es entsprechende Register in Deutschland nicht.