Fragestellung: SUDEP (sudden unexpected death in epileptic patients) ist eine gefürchtete und schwerwiegende Komplikation bei Epilepsiepatienten. Bei noch lange nicht abgeschlossenem Verständnis zu Ursache und Ablauf dieses Ereignisses, soll die vorliegende Datenerhebung klären, ob kardiale Erkrankungen, insbesondere ventrikuläre Tachykardien (VT) oder das Vorhofflimmern (VHF) ursächlich sein können für den plötzlichen unerwarteten Tod. Dies im Vergleich mit Menschen ohne Epilepsie aber ebenfalls tödlichen kardialen Ereignissen.

Hintergrund: SUDEP ist die einzige, direkt Epilepsie-assoziierte Todesursache gerade jüngerer Menschen und tritt vor allem bei schwer behandelbaren, das heißt aktiven und langjährig bestehenden Epilepsien auf. Häufig bedeutet, vier Todesfälle auf 1.000 Patientenjahre, womit das Risiko über die Lebenszeit kumuliert. Vergleicht man Todesfälle in einer entsprechenden Altersgruppe von nicht an Epilepsie erkrankten Menschen, zeigen diese eine zirka 40-mal niedrigere Wahrscheinlichkeit an einem unerwarteten plötzlichen Tod zu versterben.

Patienten und Methodik: Anhand von zwei niederländischen Krankheitsregistern wurden folgende Patientengruppen erfasst: zum einen die eigentlich interessante Fallgruppe, 18 Menschen mit aktiver Epilepsie und plötzlichem Herzstillstand auf dem Boden von VT oder VHF. „Aktive Epilepsie“ wurde dabei definiert als „laufende Behandlung mit Antikonvulsiva“ oder mindestens einem Anfall in den letzten zwei Jahren. Zum anderen wurden zwei Kontrollgruppen ausgewertet, wobei 470 Patienten ein relevantes (tödliches) kardiales Ereignis bei VT/VHF erlitten hatten und nicht an Epilepsie erkrankt waren und 54 an einer aktiven Epilepsie litten, ohne kardiale Zwischenfälle. Bei den Epilepsiepatienten wurden Todesfälle parallel zur kardialen Erkrankung auch im Hinblick auf einen möglichen SUDEP evaluiert. Zusätzlich erfasst wurden Daten über existierende Komorbiditäten, Anfallsschwere und Einnahme von Antikonvulsiva (AED). Grundsätzlich wurden alle Medikamente in drei Kategorien aufgeteilt: 1) QT-verlängernde Medikamente, Phenytoin und Felbamat mit eingeschlossen, 2) Medikamente, die depolarisationsblockierend wirken, einschließlich AED wie Carbamazepin, Oxcarbazepin, Phenytoin und Lamotrigin, 3) rein kardiovaskulär wirksame Medikamente wie Betablocker, Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer etc.

Ergebnisse: In zehn von 18 Fällen (Epilepsiepatienten) lagen gesichert, in fünf von 18 Fällen mutmaßlich Herzerkrankungen bei plötzlichem Tod durch VT/VHF vor. Auffallend war dabei, dass die Epilepsiepatienten mit plötzlichem Todesereignis immerhin in 17 % kongenitale oder hereditäre Herzerkrankungen hatten und jünger waren (57 vs. 64 Jahre) im Vergleich zu den kardial erkrankten Kontrollpatienten. Im Vergleich zu den Epilepsiepatienten ohne Herzerkrankung zeigten die Epilepsiepatienten mit plötzlichem Herztod in 28 % eine geistige Behinderung (vs. 1 %).

Schlussfolgerungen: Kardiovaskuläre Erkrankungen determinieren Vorhofflimmern und ventrikuläre Tachykardien gleichermaßen bei Epilepsiepatienten, wie in der Normalbevölkerung. Epilepsiepatienten haben dabei überdurchschnittlich öfter anlagebedingte Herzerkrankungen. SUDEP und plötzlicher Herztod scheinen eher sich überschneidende Erkrankungen zu sein.

Kommentar von Vivien Homberg, Bad Berka

Vorzeitiger plötzlicher Tod — Epilepsiepatienten sind gefährdet

Die vorliegenden Daten versuchen zu klären, ob SUDEP eine Unterform des plötzlichen Herztodes im Rahmen von tachykarden Rhythmusstörungen ist und ob Epilepsiepatienten ein anderes kardiales Risiko haben als Patienten ohne Epilepsie. Besonders letztere Überlegung ist wohl beflügelt durch Studien, wonach Epilepsiepatienten ein dreifach erhöhtes Risiko haben, an einem plötzlichen Herzstillstand zu versterben. Dies scheint vor allem jüngere Epilepsiepatienten zu treffen, unabhängig von typischen kardialen Risikofaktoren, die man sonst in der Normalbevölkerung vorfindet. Da in der Studie nur 18 Epilepsiepatienten mit plötzlichem Herztod erfasst wurden, ist die Frage nach der Relevanz der Daten müßig. Auch was die Selektion der Patienten zur Klärung genannter Fragen betrifft, kommen Zweifel auf, denn es sind definitiv nicht die „klassischen“ SUDEP-Kandidaten, wonach der Rückschluss bezüglich des Risikofaktors plötzlicher Herztod als Ursache des SUDEP gezogen werden könnte. Was allerdings auffällt ist, dass relevante Herzerkrankungen vor allem bei geistig behinderten Epilepsiepatienten zum vorzeitigen (kardialen) Tod führen können und dass es bei Epilepsiepatienten durchaus die jüngeren sind, die kardial gefährdet sein können und dies oft ohne klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren. Hier sollten wir im Klinikalltag genauer hinschauen. Zum Pathomechanismus des SUDEP trägt diese Studie am Ende definitiv nichts bei. Wer hierzu mehr erfahren möchte, sollte die wesentlich solideren und spannenderen, in Monitoring-Einheiten erhobenen Daten (MORTEMUS) lesen oder die Reviews zu dem Thema, die das Wechselspiel zwischen Herz und Hirn (zentrale autonome Regulation/Dysfunktion) gut darlegen. Außerdem wissen wir aus reichlich vorhandenen Obduktionsergebnissen, dass die Herzen von SUDEP-Patienten sehr wohl auffällig sind, aber eben nicht denen kardiovaskulär Erkrankter entsprechen.