Fragestellung: Erlaubt die immunhistochemische Anfärbung von α-Synuclein in Hautbiopsien von Parkinson-Patienten eine Differenzialdiagnose zwischen idiopathischem Parkinson-Syndrom und Multisystematrophie (MSA)?

Hintergrund: Die Parkinson-Erkrankung basiert auf α-Synuclein Akkumulationen, die ein abnorm gefaltetes α-Synuclein enthalten. Die Erkrankung breitet sich progredient über Nervenbahnen, zum Beispiel vom Magen-Darm-Trakt über den Vagus bis in das Gehirn aus und weiter vom Bulbus olfactorius und Nucleus dorsalis vagi über das Mesenzephalon bis zum Kortex. Bei Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom ließ sich in sympathischen Nervenfasern der Haut abnorm gefaltetes und insbesondere phosphoryliertes α-Synuclein nachweisen.

Patienten und Methodik: In die Studie wurden zehn Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom und einer mittleren Krankheitsdauer von sechs Jahren sowie zehn MSA-Patienten mit einer Krankheitsdauer von vier Jahren eingeschlossen. Außerdem wurden sechs Patienten mit essenziellem Tremor als Kontrollgruppe in die Studie aufgenommen. Bei den Parkinson- und den MSA-Patienten wurde die Diagnose mithilfe klinischer Kriterien sowie Dopamintransporter-SCAN und autonomer Nerventestung gesichert. Bei allen drei Patientengruppen wurde am volaren Unterarm der klinisch stärker betroffenen Seite unter Lokalanästhesie eine Hautbiopsie entnommen. Anschließend wurden histochemische und immunhistochemische Färbungen vorgenommen. Um die intraaxonale Lokalisation von phosphoryliertem α-Synuclein nachzuweisen, erfolgte eine Doppelfärbung mit Immunofluoreszenz gegen α-Synuclein und mit einem neuronalen Marker.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 26 Hautbiopsien gewonnen. Die MSA-Patienten unterteilten sich in drei mit einer MSA vom zerebellären Typ und sieben vom Parkinson-Typ. Die initiale Verdachtsdiagnose konnte durch das klinische Follow-up mit Ausnahme eines MSA-Patienten bestätigt werden. Bei den MSA-Patienten war insbesondere die orthostatische Hypotension deutlich stärker ausgeprägt als bei den Parkinson- und den Kontrollpatienten. 24 Patienten erhielten einen Dopamintransporter-SCAN, der bei allen MSA- und Parkinson-Patienten pathologisch war. Bei den Patienten mit essenziellen Tremor lagen dagegen keine Auffälligkeiten vor. Eine sympathische kardiale Innervationsstörung konnte bei Parkinson- und MSA-Patienten nachgewiesen werden.

Das wichtigste Ergebnis: Alle Parkinson-Patienten zeigten phosphoryliertes α-Synuclein in den sympathischen Hautnerven entsprechend einer altersabhängigen Denervation im autonomen Nervensystem der Haut. Es konnte kein phosphoryliertes α-Synuclein in autonomen Nervenfasern von MSA-Patienten und Patienten mit essenziellem Tremor nachgewiesen werden.

Schlussfolgerungen: Die Autoren berichten, dass aus ihrer Sicht mittels einer Hautbiopsie und der immunhistochemischen Anfärbung von phosphoryliertem α-Synuclein eine Unterscheidung zwischen idiopathischem Parkinson-Syndrom und MSA möglich ist, da Patienten mit MSA keine positive α-Synuclein-Anfärbung ihrer autonomen Nerven in der Hautbiopsie aufweisen. Die α-Synuclein-Ablagerungen beim idiopathischen Parkinson-Syndrom fanden sich in Schweißdrüsen, in Arrector pili-Muskeln und in arteriellen Blutgefäßen.

Kommentar von Heinz Reichmann, Dresden

Die Ergebnisse sollten dringend repliziert werden

Diese Studie ist die erste, die nach phosphoryliertem α-Synuclein in Hautbiopsien von Patienten mit MSA gesucht hat. Ähnlich dem wie es für den Magen-Darm-Trakt gilt, scheint es auch bei der Haut so zu sein, dass α-Synuclein Depositionen bei MSA-Patienten nicht vorhanden oder zumindest die große Ausnahme darstellen. Die vorliegende Studie unterstützt somit nicht die Annahme einer postganglionären Störung des sympathischen Nervensystems bei MSA. Diese Studie sollte aus meiner Sicht dringend repliziert werden, da sie, falls bestätigt, in der Tat eine faszinierende und einfache Möglichkeit eröffnen würde, zwischen idiopathischem Parkinson-Syndrom und MSA zu unterscheiden.

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Prof. Dr. med. Heinz Reichmann, Dresden