Fragestellung: Welche Medikamente sind zur Behandlung der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie wirksam?

Hintergrund: Etwa 15–20% aller Patienten mit Diabetes mellitus haben eine schmerzhafte Polyneuropathie. Zur Schmerztherapie werden hier eine Vielzahl von Substanzen eingesetzt, beispielsweise trizyklische Antidepressiva, Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, Gabapentin und Pregabalin sowie retardierte Opioide. Im Rahmen einer Metaanalyse versuchten die Autoren herauszufinden, welche Substanzen wirksam sind und wie sie toleriert werden.

Patienten und Methodik: Die Autoren führten eine systematische Literaturrecherche zu randomisierten Studien für Behandlung von Schmerzen im Rahmen der diabetischen Polyneuropathie durch. Dabei konnten sie 58 Studien identifizieren, die die Qualitätskriterien erfüllten. Der primäre Endpunkt für die meisten Studien war eine nummerische Ratingskala. Es wurden die Responder berechnet, das heißt die Patienten, bei denen es zu einer ≥ 30 oder ≥ 50%igen Reduktion der Schmerzintensität kam.

Ergebnisse: In den insgesamt 58 Studien mit zusammen 11.883 Patienten wurden 29 verschiedene Substanzen eingesetzt. Bezüglich der Schmerzreduktion ergaben sich auf der nummerischen Ratingskala abnehmende Wirksamkeiten für Valproinsäure, Venlafaxin, Oxycodon, Tapentadol, Gabapentin und Tramadol, Pregabalin und Duloxetin. Unwirksam in dieser Analyse waren Pentoxifyllin, Amitriptylin und Lanepitant. Für die visuelle Analogskala waren am effektivsten Pregabalin, Amitriptylin, Tramadol, Gabapentin, lokales Capsaicin, Zonisamid, Venlafaxin und Oxcarbazepin. Die höchsten Raten bezüglich einer 50%igen Schmerzreduktion hatten Zonisamid, Alpha-Liponsäure, Lidocain-Patch, Oxcarbazepin, Pregabalin, Duloxetin und Tramadol. Die höchsten Abbruchraten wegen Nebenwirkungen hatten in abnehmender Reihenfolge Imipramin, Zonisamid, Alpha-Liponsäure, Lanepitant, Oxcarbazepin, Capsaicin, Lacosamid und Topiramat.

Schlussfolgerungen: Es gibt zahlreiche therapeutische Optionen für die Behandlung der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie. Zwischen den einzelnen Substanzen bestehen allerdings keine sehr großen Wirksamkeitsunterschiede.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Metaanalyse mit wenig Nutzen

Diese Metaanalyse ist nur von begrenztem Nutzen, da es für viele der Substanzen nur eine oder zwei Studien gibt. Insgesamt zeigen sich aber, wenn man die 95% Konfidenzintervalle betrachtet, nur relativ geringe Unterschiede zwischen den Substanzen. Im Einzelfall wird man sich daher immer an den Komorbiditäten (beispielsweise eine gleichzeitig bestehende Depression) orientieren und an den zu erwartenden Nebenwirkungen. Leider wurde bisher nicht untersucht, ob die Kombination verschiedener Substanzen mit unterschiedlichem Wirkungsmechanismus in niedriger Dosierung zur Vermeidung von Nebenwirkungen genauso gut oder besser wirksam ist, als eine Monotherapie mit hohen Medikamentendosen.