Fragestellung: Ist es möglich durch transkutane Stimulation des Ganglion sphenopalatinum Attacken beim Cluster-Kopfschmerz zu behandeln?

Hintergrund: Der chronische Cluster-Kopfschmerz ist eine der schwerwiegendsten neurologischen Schmerzerkrankungen. Die Patienten haben oft tägliche Attacken von 15 bis 180 Minuten Dauer mit exorbitanter Schmerzintensität. Die übliche Attackentherapie wie Sauerstoffinhalation, subkutane Gabe von Sumatriptan oder intranasale Gabe von Zolmitriptan ist häufig nicht wirksam. Die ausgeprägten vegetativen und autonomen Symptome wie Augenrötung, Augentränen, Naselaufen, Ptose und Miosis belegen die wichtige Rolle des Parasympathikus für die Symptomatologie. Die parasympathischen Fasern gelangen aus dem Nucleus salivatorius superior über das Ganglion sphenopalatinum zu den Gesichtsstrukturen und zu den zerebralen und meningealen Blutgefäßen. Nachdem es Einzelberichte über eine therapeutische Wirkung der elektrischen Stimulation des Ganglion sphenopalatinum beim Cluster-Kopfschmerz gab, wurde eine randomisierte Studie zu dieser Fragestellung durchgeführt.

Patienten und Methodik: In die Studie wurden 32 Patienten eingeschlossen, die im Rahmen eines operativen Eingriffs eine Stimulationselektrode mit einem kleinen Sender im Bereich des Oberkiefers implantiert und die Elektrode in das Ganglion sphenopalatinum erhielten. Die Reizelektrode kann transkutan durch einen Stimulator, der auf die Wange aufgesetzt wird, kontaktlos stimuliert werden. Drei Wochen nach der Implantation begannen die Patienten über einen Zeitraum von sechs Wochen Stimulusintensität und Dauer solange zu variieren, bis sie während der Stimulation Parästhesien im zweiten Trigeminusast verspürten. Anschließend erfolgte eine experimentelle Phase, in der randomisiert die Cluster-Attacken entweder über einen Zeitraum von 15 Minuten mit der vollen Reizintensität stimuliert wurden, eine Scheinstimulation erfolgte oder eine Stimulation mit einer Intensität, die 85% der unteren Wahrnehmungsschwelle für Parästhesien betrug. Der Verlauf wurde ein Jahr lang weiter beobachtet. Der primäre Endpunkt war eine Reduktion der Schmerzintensität von zwei, drei oder vier auf null oder eins 15 Minuten nach der Stimulation oder Schmerzfreiheit. Außerdem wurden die Attackenhäufigkeit, die Medikamenteneinnahme, die Lebensqualität und die Beeinträchtigung durch die Kopfschmerzen erfasst.

Ergebnisse: 28 der 32 Patienten schlossen die randomisierte Behandlungsphase ab. Bei einem Patienten gelang es nicht, dass Device zu implantieren und bei zwei Patienten musste die Elektrode entfernt werden, weil sie sich vom Ganglion sphenopalatinum entfernt hatte. Der primäre Endpunkt, die signifikante Reduktion der Schmerzintensität nach 15 Minuten, wurde bei 67% der Attacken erreicht, bei denen die volle Stimulationsstärke erfolgte. Die entsprechenden Zahlen für die unterschwellige Stimulation und die Scheinstimulation betrugen 7,3% und 7,4%. Die Prozentzahlen für Schmerzfreiheit betrugen 34% versus 1,6% und 1,5%. Diese Unterschiede waren statistisch signifikant. Bei den Patienten, die auf die Therapie ansprachen, wurde die Attackenhäufigkeit im Verlauf signifikant reduziert. Am Ende des einjährigen Beobachtungszeitraums hatten einige der Patienten fast keine Cluster-Attacken mehr. Bei zehn der Patienten (36%) nahm die Attackenfrequenz um mindestens 50% ab. Bei fast allen Patienten kam es zu vorübergehenden Sensibilitätsstörungen im zweiten Trigeminusast, die am Ende der Studie bei zwei Patienten anhielten. Bei fünf Patienten traten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auf. Bei drei Patienten musste die Stimulationselektrode operativ revidiert und bei zwei Patienten der Stimulator operativ entfernt werden.

Schlussfolgerungen: Bei Patienten mit therapierefraktärem chronischem Cluster-Kopfschmerz reduziert die transkutane Stimulation des Ganglion sphenopalatinum die Schmerzintensität der einzelnen Attacken und bei einem Drittel der Patienten auch signifikant die Attackenhäufigkeit.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Langzeitergebnisse abwarten

Dies ist die erste randomisierte Studie, die die Wirksamkeit der Stimulation des Ganglion sphenopalatinum bei Patienten mit chronischem Cluster-Kopfschmerz belegt hat. Da die Patienten wussten, dass es durch die Stimulation zu Parästhesien kommt, war es die einzige vernünftige Methode, die drei Stimulationsarten bei einem Patienten randomisiert und unvorhersehbar anzuwenden. Die Patienten wurden dahingehend instruiert, dass es drei Stimulationsintensitäten gab, wussten aber nicht dass eine der Stimulationen unterschwellig war. Die Tatsache, dass die Stimulation des Ganglion sphenopalatinum akute Attacken lindert, ist keine Überraschung. Überraschend war aber, dass es bei einem Drittel der Patienten auch zu einer signifikanten Reduktion der Attackenhäufigkeit kam. Das in dieser Studie verwendete Device ist jetzt offiziell zugelassen. Die Intervention sollte allerdings nur von Neurochirurgen in Zusammenarbeit mit Kieferchirurgen oder HNO-Ärzten erfolgen, die damit Erfahrung haben. Angesichts der sehr hohen Kosten des Implantats von 20.000 € sind zunächst auch Langzeitergebnisse in Registern abzuwarten.