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Eine Verminderung der grauen Substanz lässt sich bei fast allen Patienten mit chronischen Schmerzen beobachten — egal ob Kopf-, Rücken- oder Phantomschmerzen, erläuterte Prof. Arne May, Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. Bekannt sind aus der strukturellen Bildgebung ausgedünnte Areale im Bereich des vorderen Cingulums, der Insula, im Hirnstamm oder S2-Bereich. Lange Zeit befürchtete man, dass es sich um eine irreversible Atrophie mit Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen handelt. Hier gibt es nun Entwarnung: Die hirnstrukturellen Veränderungen sind bei einer erfolgreichen Schmerztherapie offenbar vollkommen reversibel. May nannte als Beispiel eine Studie mit 14 Rückenschmerzpatienten, die sich einer interventionellen Therapie unterzogen. Die Patienten wurden vor dem Eingriff und sechs Monate danach per strukturelle MRT untersucht. Dabei zeigten sich anfangs die bekannten kortikalen Ausdünnungsmuster. Zusätzlich absolvierten die Patienten Kognitionstests während der fMRT. Bei Aufmerksamkeitsübungen fiel eine abnorme Aktivität im ebenfalls etwas geschrumpften linken dorsolateralen präfrontalen Kortex auf. Das überraschende Ergebnis: Ein halbes Jahr später hatten sich die zuvor ausgedünnten Areale wieder verdickt — aber nur bei den Patienten, die tatsächlich deutlich weniger Schmerzen hatten. Diese zeigten nun auch eine normale präfrontale Aktivität in der funktionellen Bildgebung. Dies deute darauf, so May, dass chronischer Schmerz nicht zu einer neuronalen Atrophie führt. Am ehesten ließen sich die Veränderungen durch neuronale Plastizität erklären. Demnach würde eine Mindernutzung bestimmter Areale die beobachteten Schrumpfungen auslösen, eine vermehrte Nutzung diese dann wieder rückgängig machen.