Fragestellung: In der hier vorliegenden Studie sollten Risikofaktoren für die Entwicklung der Parkinsonerkrankung detektiert werden.

Hintergrund: Die Ätiopathogenese des idiopathischen Parkinsonsyndroms ist weiterhin offen. Interessant ist, dass es zum einen einige wegweisende prämotorische Symptome gibt. Hierzu zählen beispielsweise Riechstörungen, Obstipation, Depression oder Störungen im REM-Schlaf-Verhalten. Zum anderen weiß man auch, dass zum Beispiel starke Raucher oder Kaffeetrinker eher keine Parkinsonerkrankung entwickeln und wiederum Menschen, die mit gewissen Toxinen in Kontakt kommen, ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Parkinsonsyndroms aufweisen. Die hier zu diskutierende Arbeit machte es sich zur Aufgabe, in einer großen Metaanalyse nach den Risiken für die Entstehung eines Parkinsonsyndroms zu fahnden.

Patienten und Methodik: Entsprechend der Vorgaben der Cochrance Institution wurden in PubMed Studien aus den Jahren 1966 bis März 2011 identifiziert, die sich mit Risikofaktoren, später Parkinson zu entwickeln, beschäftigten. Es wurde ausschließlich nach Artikeln in englischer Sprache gesucht. Berücksichtigt wurden solche Studien, die zumindest einen Risikofaktor oder ein frühes nicht motorisches Parkinsonsyndrom beschrieben, weiterhin Studien, die ein relatives Risiko oder die Odds ratio von Kohorten gegenüber der gesunden Population verglichen oder solche Faktoren, die durch Fragebögen oder Bluttests herausgearbeitet worden waren. Um die Daten zu generieren, wurden umfangreiche statistische Methoden verwendet.

Ergebnisse: Insgesamt wurden mithilfe der oben genannten Suchkriterien 3.856 englische Publikationen gefunden. Davon wurden letzten Endes 202 ausgewertet, welche die Einschlusskriterien erfüllten. Von diesen wurden wiederum 173 in die Metaanalyse übernommen. Signifikant positive Assoziationen wurden für eine positive Familienanamnese für die Parkinsonerkrankung (dies galt sowohl für Verwandte der Vorgeneration als auch für irgendwelche Verwandte), des Weiteren für eine positive Familienanamnese für Tremor, vorangegangene Phasen der Obstipation oder psychische Erkrankungen (Depression), Kontakt zu Pestiziden, vorangegangene Kopftraumata, ländliches Leben, Betablockerverwendung, Farmer oder Landarbeiter und Trinker von Brunnenwasser gefunden. Eine signifikant negative Assoziation wurde für Rauchen, Kaffeetrinken, frühere arterielle Hypertonie, Verwendung von nicht steroidalen Analgetika (NSAR), Kalziumantagonisten und Alkoholkonsum festgestellt.

Mit Hilfe dieses systematischen Reviews konnten mehr als 40 Risikofaktoren bezüglich der späteren Entwicklung eines Parkinsonsyndroms festgestellt werden. Die höchste Signifikanz wies dabei die positive Familienanamnese auf. Beim Vorhandensein irgendeines Verwandten mit Parkinsonerkrankung erhöhte sich das Risiko um das etwa Dreifache gegenüber der Normalbevölkerung. Bezüglich Lebensstil und Umwelt ist das verringerte Risiko, an Parkinson zu erkranken bei Rauchern, Kaffeetrinkern und Alkoholtrinkern, aber nicht bei Teetrinkern zu nennen. Von Seiten der Umwelt sind insbesondere Pestizide als besonders gefährlich zu nennen. Im Gegensatz zu anderen Arbeiten führt diese Arbeit aus, dass auch Kopfverletzungen einen Risikofaktor darstellen. Bezüglich der prämotorischen Symptome gibt es in dieser Arbeit eine klare Bestätigung für Geruchsverlust, Depression, Obstipation und REM-Schlaf-Verhaltensstörung. Von Seiten der Komorbiditäten und anderer Medikationen ist, wie bereits in anderen Studien hervorgehoben, besonders zu betonen, dass arterielle Hypertension eher gegen die Entwicklung eines Parkinsonsyndromes spricht, was auch für die langjährige Einnahme von nicht steroidalen Schmerzmitteln gilt. In den Arbeiten zu Helicobacter pylori ließ sich kein Zusammenhang mit später entstehendem Parkinsonsyndrom feststellen.

Kommentar von Heinz Reichmann, Dresden

Auch Schutzfaktoren eingekreist

Dies ist die größte und überzeugendste systematische Arbeit, die sich der Frage stellt, welche Risikofaktoren und vorbestehenden Symptome bezüglich der Entwicklung eines Parkinsonsyndroms bekannt sind. In erfreulicher Übereinstimmung mit dem bisher in Einzelpublikationen Diskutierten zeigt diese große Metaanalyse, welches die entscheidenden Risikofaktoren beziehungsweise Schutzfaktoren bezüglich der Entwicklung eines Parkinsonsyndroms sind.

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Prof. Dr. med. Heinz Reichmann, Dresden Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Klinikum Carl Gustav Carus, Dresden E-Mail: heinz.reichmann@uniklinikumdresden.de