Auch wenn Patienten von einem Facharzt zu einem von ihm als indiziert erachteten Eingriff ins Krankenhaus kommen, müssen sie dort sorgfältig aufgeklärt werden. Daran ändert sich auch nichts, wenn ein Patient auf den betreffenden Eingriff drängt.

Ein Krankenhausarzt legte einer Patientin nach Überweisung eines Facharztes einen suprapubischen Blasenkatheter. Wegen dessen zunächst unzureichender, später völlig fehlender Funktion legte ein Urologe eines anderen Krankenhauses fünf Tage später einen neuen. Bei einer dieser Anlagen, möglicherweise gar beiden, muss der Darm der Patientin mehrfach perforiert worden sein, da sie letztlich infolge einer Bauchfellentzündung verstarb, die wiederum im Rahmen der Darmperforationen aufgetreten war. Ihre Angehörigen machten nun Schadensersatz geltend.

So sah das Gericht den Fall

Das Landgericht (LG) hatte der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz wies mit Beschluss auf die Aussichtslosigkeit des dagegen eingelegten Rechtsmittels hin, auch wenn es den Gründen des LG teils widersprach (Beschl. v. 14.4.2005, 5 U 1610/04). So betonte es, dass allein der Umstand, dass der Hausarzt die Anlage des suprapubischen Blasenkatheters für sinnvoll hielt und die Patientin dafür ins Krankenhaus überwiesen hatte, nichts darüber sage, ob er sie schon über hiermit verbundene allgemeine und spezielle Risiken aufgeklärt hat.

Zudem betonte das OLG, dass bei den in einer Einrichtung verwendeten Aufklärungsbögen, die eine sachgerechte Aufklärung zumindest indizieren sollen, immer gewährleistet sein muss, dass sie sich dem geplanten Eingriff eindeutig zuordnen lassen. Dies ist ärztlicherseits zu beweisen - erst recht, wenn wie vorliegend nur eine allgemeine Bestätigung vorlag, die sich auf mehrere, voneinander zudem in Inhalt und Risikospektrum abweichende Eingriffe beziehen konnte.

Auch die in dem Schriftstück angedeutete und nach ergänzendem Beklagtenvortrag überprüften Inhalte der Aufklärungsgespräche hielt das OLG schlussendlich für unzureichend. Denn die Anlage des suprapubischen Blasenkatheters war im Fall der Patientin nur relativ indiziert, sodass der sorgfältigen Risikoaufklärung besondere Bedeutung zukam. Insoweit wurde beklagtenseits aber nicht mal vorgetragen, dass über die Gefahr einer Darmperforation gesprochen worden wäre. Und auch der Einwand, dass die Patientin und ihr Mann selbst auf den Eingriff gedrängt hätten, verfing nicht. Denn was Patienten in einer „momentanen Notsituation laienhaft wünschen“, könne Gefahren bergen, die nur Fachleute umfassend durchschauen und sachgemäß einschätzen könnten, was in der Aufklärung daher auch zum Ausdruck kommen müsse. Somit führten die beiden rechtswidrigen Eingriffe zur Haftung.

Was bedeutet das Urteil für den klinischen Alltag?

Die Entscheidung macht anschaulich, dass gerade im Falle einer nicht absoluten, sondern nur relativ indizierten Behandlung Patienten äußerst sorgfältig über alle mit einem Eingriff verbundenen Risiken aufgeklärt werden müssen; dies betrifft gerade solche Risiken, die einem Eingriff wie vorliegend typischerweise anhaften, unabhängig davon, ob sie vielleicht nur sehr selten auftreten. Beklagtenseits wird dann oft noch eingewandt, dass ein Patient „voraufgeklärt“ im Krankenhaus erschienen sei. Dies ist aber allenfalls äußerst substanziiert vorzutragen und zu beweisen. Und selbst dann müsste sich ein Arzt im Gespräch ein eigenes Bild davon machen, ob der Patient vom Einweiser wirklich schon ausreichend aufgeklärt wurde (OLG Rostock, Urt. v. 27.6.2014, 5 U 97/13).

Interessant ist die Entscheidung schließlich noch, weil immerhin unklar blieb, welcher der rechtswidrigen Eingriffe (wenn nicht gar beide) nun ursächlich geworden war und ob diese Unsicherheit nicht einer Haftung entgegenstehen könnte. Auch dies war aber nicht der Fall, weil diese Unaufklärbarkeit in Anbetracht von § 830 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu Lasten aller Beklagten ging. Danach haften alle Beteiligten, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von ihnen den Schaden durch seine rechtswidrige Handlung verursacht hat. Diese Vorschrift ist auch anwendbar, wenn jede einzelne der fraglichen Handlungen zur Herbeiführung des Schadens zumindest geeignet war und eine von ihnen den Erfolg nachvollziehbar herbeigeführt haben muss, auch wenn nicht ermittelt werden kann, wer nun der wirkliche Urheber ist (so schon Reichsgericht in Zivilsachen 148, 154, 166).